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Schulden könnten zum Auslöser der erwarteten Korrektur werden

Ausgabe vom 05.04.2017

Schulden könnten zum Auslöser der erwarteten Korrektur werden

von Sven Weisenhaus

Gestern hatte ich geschrieben, dass es bislang nur wenige Argumente für eine größere Korrektur oder gar eine Trendwende gibt. Allerdings zeigen die Elliott-Wellen an, dass wir uns in der letzten Welle eines Aufwärtstrends befinden (Welle 5). Und so könnte es bald dennoch zu einer größeren Korrektur kommen. Doch es besteht ein Dissens zwischen der Chartsituation und dem aktuell kontinuierlichen Wirtschaftswachstums. Daher muss man sich fragen, was denn eine größere Korrektur auslösen könnte.

Schulden könnten ein Auslöser werden

Einen möglichen Auslöser hatte ich in der Vergangenheit bereits genannt: die weltweite Verschuldung. Vor allem die Staatsschulden der Euroländer, der USA und China hatte ich thematisiert. Der Titel der Börse-Intern vom 20. September 2016 lautete zum Beispiel „Chinas Schuldenprobleme - Warnungen werden (noch) ignoriert“. Und am 28. März 2017 schrieb ich unter der Überschrift „Dieses Ereignis könnte bis Juli einen Crash auslösen“ über die Schuldenobergrenze der USA.

Die Welt hat 202 Billionen Euro Schulden

Zum Thema Verschuldung hat das Institute for International Finance - der weltweite Verband der Finanzbranche – gerade eine aktuelle Studie veröffentlicht. Demnach ist der weltweite Schuldenberg im vergangenen Jahr um 7,6 Billionen auf 215 Billionen Dollar (202 Billionen Euro) gewachsen. Diese Summe entspricht 325 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.

6,6 Billion Dollar davon haben Konzerne und Staaten über Anleihen aufgenommen. Damit haben Niedrig- und Negativzinsen die Unternehmen und Staaten in der ganzen Welt so viele Schulden machen lassen wie noch nie, wie Daten des Finanzdienstleisters Dealogic zeigen. Die Summe übertrifft den bisherigen Rekord aus dem Jahr 2006. Kurz danach kam es zur Finanzkrise. Steht also nun die nächste Finanzkrise vor der Tür?

Steht uns die nächste Finanzkrise bevor?

Nicht unbedingt! Denn einerseits steigt die Verschuldung quasi seit Menschengedenken kontinuierlich an. Es war also absehbar, dass es nach 2006 irgendwann wieder zu einem neuen Rekordwert kommen würde. Andererseits haben die Notenbanken ja das Ziel, dass die Niedrigzinsen zu einer höheren Kreditvergabe führen. Insofern wird dieses Ziel aktuell lediglich erreicht.

Warum aber wollen die Notenbanken möglichst mehr billige Kredite? Ganz einfach: Kredite haben meist einen fixen Zinssatz. Und der ist durch die Geldpolitik der Notenbanken aktuell sehr niedrig. Projekte mit geringer Rendite werden durch die niedrigen Zinsen plötzlich rentabel. Es werden daher mehr Kredite aufgenommen, um damit mehr Projekte zu finanzieren, was zu höherem Wirtschafswachstum führt. Und genau das sehen wir derzeit: die Geldpolitik der Notenbanken führt zu dem gewünschten Wirtschaftswachstum.

Niedrigzinsen werden für Firmenkäufe auf Pump genutzt

Der Anteil der Unternehmen an den ausgegebenen Anleihen lag übrigens bei 3,6 Billionen Dollar. Genutzt wurde das Geld aber nicht nur für neue Projekte, sondern vor allem auch für Firmenkäufe, die im vergangenen Jahr ebenfalls einen Rekordwert erreichten.

Aber auch das ist logisch. Wenn ich als Unternehmen nicht mehr eigenständig wachsen kann, weil mein Markt gesättigt ist, dann kaufe ich mir einfach Marktanteile oder neue Marktfelder hinzu. Wirft ein Unternehmen zum Beispiel eine Eigenkapitalrendite von 10 Prozent ab, ich muss aber für eine Anleihe aktuell nur 4 Prozent Zinsen zahlen, dann mache ich beim Kauf des Unternehmens eine Rendite von jährlich 6 Prozent.

Eine sehr hohe Anzahl an Firmenkäufen wird zwar immer wieder gerne als Warnsignal von Analyten genannt, doch eigentlich ist das Gegenteil problematisch. Denn die vielen Firmenkäufe treiben die Werte der Unternehmen und damit die Aktienkurse nach oben. Lassen die Übernahmen nach und bleiben damit die Aktienkäufe aus, kann dies eine Korrektur am Aktienmarkt begründen. Das Problem wäre also nicht eine hohe Anzahl an Firmenkäufen, sondern eine sinkende.

Niedrige Zinsen werden zur Refinanzierung genutzt

Neben der Finanzierung von neuen Projekten und Firmenübernahmen werden die neu ausgegebenen Anleihen aber auch genutzt, um auslaufende zu refinanzieren. E.ON zum Beispiel will sich nach einer erfolgreichen Kapitalerhöhung am Aktienmarkt weiteres Kapital über den Anleihemarkt besorgen - zum ersten Mal seit 8 Jahren.

Bis zu 3 Milliarden Euro sollen nach der aktuellen Planung bei Investoren eingesammelt werden. Als Zielkorridor wird dabei eine Verzinsung zwischen 0,5 und 1,5 Prozent angepeilt. Kann E.ON die Investoren von diesem Preis überzeugen, könnte das Niedrigzinsumfeld so genutzt werden, um die beiden in diesem Jahr auslaufenden Anleihen im Gesamtvolumen von rund 2,7 Milliarden Euro zu deutlich besseren Konditionen zu refinanzieren. Die beiden Papiere stammen noch aus der Hochzinsphase und sind mit Kupons von 5,5 und 6,375 Prozent ausgestattet.

Derartige Kapitalmaßnahmen sind also sehr positiv zu werten, werden doch dadurch die bisherigen (Zins-)Kosten dramatisch gesenkt. Sinkende Kosten bedeuten höhere Gewinne, und höhere Gewinne rechtfertigen höhere Aktienkurse.

Zwischenfazit

Schulden sind also nicht automatisch nur schlecht. Insbesondere im aktuellen Niedrigzinsumfeld können sie gleich in mehrfacher Hinsicht positive Effekte haben. Sie können durch die Finanzierung von zuvor unrentablen Projekten das Wirtschaftswachstum anfeuern. Sie können durch Firmenübernahmen die Aktienkurse antreiben. Und sie können durch Refinanzierungen die Kosten senken, was ebenfalls gut für die Unternehmen und damit den Aktienmarkt ist. Und das ist schließlich auch der Plan der Notenbanken.

Allerdings ist all dies schlussendlich auf Pump finanziert – und warum und wie das doch noch zu einem Problem und zum Auslöser einer Korrektur werden kann, das verrate ich Ihnen morgen.


Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
www.stockstreet.de

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