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NVIDIA & Tesla: Die Spekulation ist zurück

Ausgabe vom 24.04.2024

NVIDIA & Tesla: Die Spekulation ist zurück

von Sven Weisenhaus

Auf die Frage, ob die Konsolidierung am Aktienmarkt bereits beendet ist, habe ich gestern als mögliche Antworten schon charttechnische Pro- und Contra-Argumente geliefert. Einen weiteren Aspekt kann man sowohl bullish als auch bearish werten: die Spekulation ist zurück bzw. war während der jüngsten Konsolidierung nie ganz weg.

Starke Kurserholungen nach scharfen Rücksetzern

Denn schaut man auf den Kursverlauf der Konsolidierung, dann stellt man fest, dass nicht nur die diversen Kursrücksetzer dynamisch verliefen, sondern auch die zahlreichen Kurserholungen, wie der folgende 5-Minuten-Chart des DAX aus dem Börsenbrief „Target-Trend-Spezial“ beispielhaft zeigt.

Chartanalyse: Der Abwärtstrend des DAX zeichnete sich durch Überschneidungen im Kursverlauf aus, so dass er, statt eines impulsiven, einen korrektiven Charakter hat

Dadurch kam es immer wieder zu Überschneidungen der Hochs und Tiefs der Auf- und Abwärtswellen, was vor allem in der Elliott-Wellen-Theorie nicht auf einen impulsiven Abwärtstrend, sondern einen korrektiven Charakter der Abwärtsbewegung hindeutet. Und eine Korrektur ist letztlich „nur“ eine Gegenbewegung im übergeordneten Trend und somit letztlich trendbestätigend.

Ähnlich verhält es sich unter anderem auch beim Dow Jones, vor allem, wenn man sich den fast durchgängigen Kursverlauf des CFD-Handels zum Beispiel bei Comdirect anschaut (20 Stunden pro Tag).

Chartanalyse: Der Abwärtstrend des Dow Jones zeichnete sich durch Überschneidungen im Kursverlauf aus, so dass er, statt eines impulsiven, einen korrektiven Charakter hat
(erstellt mit: comdirect.de)

Zwar sind die Überschneidungen hier zu Beginn weniger prägnant, im weiteren Verlauf des Abwärtstrends durch die vielen dynamischen Kurserholungen aber doch auch sehr deutlich.

Auch wenn die Bären diese Phase dominieren konnten, die Bullen haben immer wieder Stärke gezeigt. Sie haben also trotz der zuvor extrem stark gestiegenen Kurse immer wieder zu Käufen geneigt und die Spekulation auf eine schnelle Wiederaufnahme der Rally nicht aufgegeben.

Anleger spekulieren schnell wieder auf die Magnificent Seven

Das belegen auch die jüngsten Kursentwicklungen bei NVIDIA und Tesla. NVIDIA war nach einem Kursanstieg um fast 100 % seit Jahresbeginn eindeutig massiv überkauft. Anschließend bildete sich im Rahmen einer Seitwärtskonsolidierung zunächst eine Art abfallendes Dreieck, aus dem der Kurs am vergangenen Freitag mit hoher Dynamik nach unten ausbrach. Um mehr als 10 % ging es alleine an diesem Tag abwärts.

Chartanalyse: Die Aktien von NVIDIA haben eine horizontale Unterstützung dynamisch gebrochen, anschließend kehrte der Kurs zu der Chartmarke zurück, so dass ein Test des Ausbruchsniveaus stattfindet

Eigentlich sollte man annehmen, dass dies die Anleger zunächst verschrecken würde und sich die Aktie von diesem kräftigen Schuss vor den Bug nicht so schnell erholt. Doch stattdessen nutzen Anleger in der offenbar immer noch vorhandenen „buy the dip“-Mentalität den Rücksetzer für umgehende „Schnäppchen“-Käufe. Mit drei starken Handelstagen wurde der Rücksetzer binnen kürzester Zeit vollständig aufgeholt, bevor die Kurse am heutigen dritten Tag an der gebrochenen Unterstützung abprallten und einen Teil der Kursgewinne abgaben.

Damit wird es jetzt spannend, ob mit der Kurserholung nur das Ausbruchsniveau von unten getestet wurde und sich die Abwärtsbewegung nun fortsetzt oder eine Rückeroberung der Unterstützung gelingt und die Korrektur damit bereits zu Ende ist.

Tesla springt trotz schwacher Zahlen stark an

Jedenfalls ließ sich eine Kursbewegung von mehr als 10 % auch bei Tesla beobachten, hier allerdings in umgekehrter Form. Denn nach einem Kurseinbruch um 44 % seit Jahresbeginn war diese Aktie charttechnisch überverkauft. Und nach der gestrigen Veröffentlichung der Geschäftszahlen im Rahmen der laufenden Berichtssaison stieg die Aktie heute im Hoch um mehr als 16 %

Nach einem Kurseinbruch um mehr als 44 % seit Jahresbeginn 2024 machte die Aktie von Tesla einen Sprung um mehr als 16 % nach oben

Auch dieser Kursanstieg ist eindeutig auf Spekulationen zurückzuführen. Denn die Geschäftszahlen waren relativ schwach. Und daher waren sie eigentlich ein Grund für einen weiter fallenden Aktienkurs. Zumal das Unternehmen mit einem Marktwert von etwa 870 Mrd. Dollar fundamental immer noch relativ hoch bewertet ist. Schließlich ging der Umsatz im 1. Quartal 2024 um 2 Milliarden auf 21,3 Milliarden Dollar zurück. Das Minus von 9 % ist der erste Rückgang der Quartalseinnahmen seit fast 4 Jahren. Der Gewinn halbierte sich sogar in etwa auf 1,13 Milliarden Dollar (-55 %). Umsatz und Gewinn lagen damit zudem unter den Erwartungen (Umsatz: 22,27 Milliarden, Gewinn je Aktie: 0,45 Dollar statt erwarteter 0,49 Dollar).

Nachfrageschwäche, Preiskrieg und mehr Konkurrenz

Gründe für das schlechte Abschneiden von Tesla sind eine Nachfrageschwäche, ein Preiskrieg (vor allem in China) und zunehmende Konkurrenz. Tesla versucht daher, durch Preissenkungen Boden wieder gutzumachen. So nahm Tesla im vergangenen Quartal durchschnittlich knapp 45.000 Dollar je Fahrzeug ein, 5 % weniger als im Vorjahr. Dennoch stehen Zehntausende unverkaufte Autos auf Halde. Und im Vergleich zum Schlussquartal 2023 wurden im abgelaufenen 1. Quartal 2024 ganze 20 % weniger Autos verkauft (-8,5 % zum Vorjahr). Die Aussichten sind nicht viel besser. Zwar gab Tesla für das laufende Jahr keine konkrete Prognose für die Auslieferungen ab, das Unternehmen rechnet aber mit einer spürbaren Abschwächung beim Wachstumstempo, wobei es immerhin zu einem Verkaufsplus gegenüber 2023 kommen soll.

Mit einem Abbau von Arbeitsplätzen, dem 10 % aller Stellen zum Opfer fallen sollen, soll nun gegengesteuert werden. Und diese Maßnahme könnte den aktuellen Kursanstieg erklären. Denn an den Aktienmärkten werden sinkende Kosten häufig honoriert.

Anleger feiern die Visionen des Elon Musk

Wahrscheinlich war der Kurssprung aber eher den Spekulationen auf die Zukunft des Unternehmens zu verdanken. Denn Firmenlenker Elon Musk sprach in einer Telefonkonferenz vor Analysten gestern hauptsächlich über den Plan, im kommenden Jahr neue günstigere Modelle auf den Markt zu bringen und den Elektroautobauer zu einem KI-Unternehmen umzubauen. 
Details, um welche Fahrzeuge es sich handelt und wie viele neue auf den Markt kommen, nannte er allerdings nicht. Er sagte nur, dass sie auf den bereits existierenden Produktionslinien gebaut würden. Geplante Investitionen in neue Werke scheinen damit hinfällig. Und da auch das weniger Kosten bedeutet, war dies ebenfalls geeignet, den Kursanstieg zu erklären.

Außerdem hieß es ohne Angaben eines konkreten Zeitpunktes, es werde ein „speziell angefertigtes Robotaxi-Produkt“ geschaffen, das mit einem revolutionären Fertigungsverfahren hergestellt werden solle. Musk sprach auch lange über seine Vision, das Geschäft mit Künstlicher Intelligenz, humanoiden Robotern und einer Flotte autonomer Fahrzeuge auszubauen.

Das alles soll allerdings auf einer Technik basieren, die sowohl im Bereich der Soft- als auch der Hardware noch nicht vollständig entwickelt ist. Und derartige Ambitionen hatte Musk bereits 2019 in einer Präsentation vorgestellt und damals als Zieldatum 2020 genannt. Doch obwohl die Ausführungen von Musk wieder einmal extrem vage waren und völlig unklar ist, ob Tesla damit die aktuellen Probleme überwinden kann, schreckte dies die Anleger nicht ab. Im Gegenteil. Ein klarer Fall von Spekulation!

Sind die anhaltenden Spekulationen bullish oder bearish?

Diese anhaltenden Kursfantasien der Anleger kann man bullish werten. Zumal die Abwärtstrends der Aktienindizes klar gebrochen wurden und damit die Spekulationen der Bullen aufzugehen scheinen. Man kann es aber auch bearish sehen, weil der Markt durch die jüngste Konsolidierung offensichtlich noch nicht „bereinigt“ ist. Ein neuer Aufwärtstrend startet gewöhnlich dann, wenn kaum jemand Aktien halten möchte. Das ist aber aktuell offensichtlich nicht der Fall.

Wir befinden uns also eher noch im alten Aufwärtstrend. Und dieser scheint nach der jüngsten Gegenbewegung nun wieder fortgesetzt zu werden. Vielleicht ist die aktuelle Kurserholung aber auch nur eine Gegenbewegung in der begonnenen marktbereinigenden Korrektur. Das bleibt abzuwarten. Es gibt bullishe und bearishe Argumente. Und es ist völlig unklar, welche sich durchsetzen. Daher sollte man aktuell sehr vorsichtig im Markt agieren.

Das sollten Dow Jones und DAX vermeiden

Und wenn der Dow Jones auf rund 38.000 Punkte zurückfällt und die Bären somit erneut den alten Aufwärtstrendkanal (grün im folgenden Chart) attackieren, sollte man mit einem bearishen Bruch und einem neuen Korrekturtief rechnen.

Chartanalyse: Der Dow Jones hat im ersten Anlauf eine alte Aufwärtstrendkanallinie verteidigt

Diese Aufwärtstrend(kanal)linie war womöglich auch nur der Grund für die aktuelle Kurserholung. Denn solche wichtigen Unterstützungen werden meist nicht im ersten Anlauf gebrochen.

Der DAX sollte derweil nicht unter 17.900 Punkte fallen. Solange sich beide Aktienindizes oberhalb der genannten Marken bewegen, sind die Bullen im Vorteil. Andernfalls dürften die Bären wieder das Ruder übernehmen und die Indizes in die zweite Korrekturwelle führen.

Nach den diversen Gewinnmitnahmen bei den Börsenbriefen „Target-Trend-CFD“ und „Börse-Intern Premium“, über die ich gestern und am Freitag sowie am 5. April berichtet habe, fühle ich mich jedenfalls mit geringen Investitionsquoten aktuell am wohlsten. Erst wenn sich klar abzeichnet, wie die aktuellen Kurserholungen zu werten sind, werde ich neue Entscheidungen treffen. Beim „Target-Trend-CFD“ habe ich allerdings bereits neue Limit-Orders im Markt platziert, für den Fall, dass es mit den Kursen noch einmal abwärts geht. Dann werde ich erneut versuchen, das aktuell recht volatile Auf und Ab der Aktienmärkte gewinnbringend zu nutzen. Schnell rein, schnell raus.


Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr 
Sven Weisenhaus 
www.stockstreet.de

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