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Ist die extreme Dow-Rally bullish oder bearish?
Ausgabe vom 18.12.2023
Ist die extreme Dow-Rally bullish oder bearish?
von Torsten Ewert
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
nach dem Fed-Meeting vom vergangenen Mittwoch sprang der Dow Jones auf ein neues Allzeithoch. Damit legte er um 14,75 % seit seinem Korrekturtief von Ende Oktober zu, also innerhalb von 32 Handelstagen. Eine solch starke Rally ist ungewöhnlich. Aber ist sie bullish oder bearish?
Bullen wie Bären haben nun gute Argumente, wie es weitergeht
Die Meinungen darüber dürften geteilt sein. Das bullishe Argument ist klar: Eine solche Stärke, inklusive neuem Allzeithoch, ist positiv und „The trend is your friend“. Der Anstieg sollte also weitergehen, selbst wenn sich der Index nun eine Pause gönnt.
Aber auch die Bären haben gute Argumente: Offensichtlich liegt eine Übertreibung vor. Zudem sind inzwischen wieder viele Aktien überbewertet. Die Fallhöhe ist damit beträchtlich. Und sie könnte ausgeschöpft werden, wenn es nun zu einem Fehlsignal am alten Allzeithoch kommt. Das wäre ein sehr bearishes Signal, das kräftige Verluste nach sich ziehen könnte.
Aber vorerst stieg der Kurs weiter und erreichte auch in den folgenden beiden Handelstagen immer neue Allzeithochs. Sicher der Ausbruch ist noch nicht nachhaltig, und wir wissen nicht, wie es nach dem großen Verfallstag weitergeht.
Eine außergewöhnliche Rally
Aber wir wissen, was wir von einer solchen Rally zu halten haben: Sie ist außergewöhnlich – in jeder Hinsicht. Dazu ein Blick in die Kurshistorie des Dow Jones: Einen Anstieg wie in den vergangenen 32 Handelstagen schaffte der Dow Jones bisher nur 577-mal oder nur in 1,9 % aller Fälle.
Noch seltener gelang es ihm, dabei ein neues Allzeithoch zu erreichen. Das ist auch logisch, denn sehr häufig kommen derart starke Anstiege als Gegenreaktion auf einen vorherigen Rückfall vor. Und eine solche Gegenreaktion erreicht dann nur selten ein neues Allzeithoch. Der folgende Chart veranschaulicht das für den Zeitraum seit 1900:
Quellen: MarketMaker mit Daten von VWD, eigene Berechnungen
Im unteren Chartteil (blaue „Zappelkurve“) sind die laufenden prozentualen Veränderungsraten innerhalb von 32 Handelstagen dargestellt. Der jüngste Anstieg (siehe rotes Dreieck) markiert die Schwelle für vergleichbare Rally-Phasen (waagerechte grau gestrichelte Linie). Alle Spitzen darüber bilden die Menge, die für einen Vergleich in Frage kommt.
Wie es bisher in ähnlichen Fällen weitergegangen ist
Das sind zwar ziemlich viele, aber neue Allzeithochs erreichte der Dow Jones dabei nur zu den Zeitpunkten, die mit den grünen Punkten markiert sind. Damit bleiben von den ursprünglichen 577 Fällen nur noch 62 übrig. Und wie Sie sehen, ballen sich diese zu bestimmten Zeiträumen, weil der Index mehrmals nacheinander oder in kurzen Abständen beide Kriterien erfüllte.
Dadurch reduzieren sich die Fälle, die wir betrachten müssen, auf nur noch 10 Phasen. Für diese kann man nun prüfen, wie sich der Dow Jones im weiteren Verlauf – z.B. innerhalb der folgenden 52 Wochen – verhielt.
In der folgenden Tabelle habe ich daher für diese 10 Phasen die maximalen Gewinne notiert, die er bis zum nächsten markanten Hoch in diesem Zeitraum einfuhr und die Verluste, die danach bis zum darauffolgenden markanten Tief aufliefen. In Einzelfällen kam es erst (deutlich) später als nach 52 Wochen zu diesem Tief (siehe Spalte „Bemerkung“).
Quellen: eigene Berechnungen mit Daten von VWD
Auffallend ist, dass es steile Rallys wie in den vergangenen Wochen auch vor drei der größten Crashs und Baissen der Börsengeschichte gab: vor den Crashs von 1929 und 1987 sowie vor der langen Baisse ab 2000. (Nur vor der Finanzkrise haussierte der Dow Jones nicht stark genug.)
(K)Ein Anlass zur Besorgnis?
Aber ist das nun ein Anlass zur Besorgnis? Die Daten widersprechen dem, denn bisher legte der Dow Jones nach einer solchen Rally weiter kräftig zu; im Durchschnitt um mehr als 20 %. In 8 der 10 Fälle war der Gewinn bis zum Hoch zweistellig.
Allerdings waren auch die Kursverluste nach diesen Hochs entsprechend kräftig, wobei man konstatieren kann, dass der spätere Einbruch umso deutlicher ausfiel, je stärker der Dow zuvor noch stieg. Das veranschaulicht die folgende Grafik, in der ich die Daten aus der Tabelle dargestellt habe:
Quellen: eigene Berechnungen mit Daten von VWD
Was nun wünschenswert wäre
Die Statistik bekräftigt also die alte Volksweisheit „Was hoch steigt, wird tief fallen.“ Daher sollten wir darauf hoffen, dass es nur noch zu einem moderaten Anstieg kommt, der gerade groß genug ist, dass ein Rückfall am alten Hoch endet und den Ausbruch auf neue Hochs bestätigt (siehe Prognosepfeil im folgenden Chart).
Der Anstieg darf natürlich auch nicht jetzt schon enden, denn sonst droht das schon erwähnte große Fehlsignal am alten Allzeithoch.
Fazit
Der jüngste Anstieg des Dow Jones (und der anderen Indizes) ist aus statistischer Sicht also keineswegs so bearish, wie man meinen mag. Tendenziell ist er kurzfristig sogar bullish. Allerdings ist er zweifellos Teil einer Übertreibung. Daher besteht die Gefahr, dass es bei weiteren, ähnlich kräftigen Kursgewinnen später zu einem entsprechend starken Einbruch kommt.
Sie können also dem Kaufsignal, das ein neues Allzeithoch stets ist, auch in diesem Fall durchaus folgen, sollten aber die Gewinne frühzeitig absichern und sich nicht in falscher Sicherheit wiegen.
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
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