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Die Rekordjagd findet nur begrenzt statt
Ausgabe vom 15.12.2023
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Die Rekordjagd findet nur begrenzt statt
von Sven Weisenhaus
Die deutsche Wirtschaft hat ihre Talfahrt zum Jahresende wieder etwas beschleunigt. Darauf deuten zumindest die Einkaufsmanagerdaten von S&P Global hin. Der Index für die gesamte Privatwirtschaft – also Industrie und Dienstleister zusammen – fiel im Dezember auf 46,7 Punkte, nach 47,8 im Vormonat. Experten hatten hingegen im Durchschnitt einen Anstieg auf 48,2 Punkte erwartet.
Grund dafür ist eine erneut sinkende Nachfrage sowohl nach Waren als auch Dienstleistungen. Das Stimmungsbarometer liegt dadurch nun den 6. Monat in Folge unter der Schwelle von 50 Zählern, ab der Wachstum signalisiert wird. Und es verfestigt sich die Befürchtung, dass die deutsche Wirtschaft auch im Schlussquartal 2023 schrumpft, womit sie sich in einer technischen Rezession befinden würde.
Wirtschaftserholung holprig, Kurserholung steil
Immerhin: Die Aufwärtstendenz des Frühindikators, die sich seit August beobachten lässt, ist noch intakt. Man kann aber weiterhin nicht von einem stabilen Trend sprechen. Und das steht ganz im Gegensatz zu der extrem starken und äußerst kontinuierlichen Aufwärtsbewegung von DAX & Co., weshalb sich angesichts dieser Diskrepanz weiterhin die Frage stellt, welchen Nutzen Konjunkturdaten im aktuellen Markt haben.
Wie hilfreich sind die Informationen, dass die Unternehmen in Deutschland immer noch mit sinkenden Auftragseingängen und Auftragsbeständen zu kämpfen haben, auch wenn sich der Rückgang der Industrie erneut verlangsamt hat, während sich das Minus bei Dienstleistern erhöhte? Ist es wichtig zu wissen, dass daher die Arbeitslosigkeit in Deutschland steigt? Ist es noch wissenswert, dass die Verkaufspreise wegen höherer Einkaufspreise und Kosten mit der höchsten Rate seit 7 Monaten angehoben wurden, wodurch der Inflationsdruck wieder zunehmen könnte?
Diskrepanzen erkennen
Ich persönlich halte die Analyse von fundamentalen Daten nach wie vor für wichtig. Sie liefert zumindest ein Bild davon, ob Börsenkurs und Zahlen aus der Wirtschaft ein harmonisches Bild ergeben. Ist das nicht der Fall, wie aktuell scheinbar, kann man daraus Schlüsse für Investments ziehen.
So ist mein Fazit derzeit, dass man sich weitestgehend aus den Werten heraushalten sollte, deren Kurse sich aktuell in Übertreibungen befinden. Sicherlich könnte man dadurch Chancen am Aktienmarkt verpassen. Aber tut man das nicht immer?! Schließlich kann man nicht jederzeit überall dort investiert sein, wo gerade die Kurse steigen.
Nach einer Korrektur die nächste Aufwärtswelle nutzen
Grundsätzlich bin ich aber nach wie vor nicht bearish für unseren heimischen Aktienmarkt. Die Unternehmen erwarten schließlich, dass es im kommenden Jahr wieder zu Wachstum kommen wird. Daher sind die Kursanstiege der Aktien nachvollziehbar. Denn die Börsen preisen zukünftige Entwicklungen stets frühzeitig ein.
Aber das Ausmaß und vor allem das Tempo, das sich aktuell an diversen Stellen des Marktes beobachten lässt, halte ich für übertrieben. Schließlich verläuft die Erholung der Wirtschaft weniger kontinuierlich, sondern eher sehr holprig. Ich würde daher grundsätzlich gerne einen Rücksetzer sehen, um dann zu etwas günstigeren Kursen auf die nächste Aufwärtswelle zu setzen.
Dabei gilt es zu beachten, dass man einen Markt nicht isoliert betrachten darf. Man sollte also zum Beispiel den Blick nicht nur auf die deutsche Wirtschaft und den DAX werfen. Denn die US-Börsen sind nach wie vor die Leitmärkte der Welt. Daher ist vor allem der DAX stark korreliert mit den US-Indizes. Und damit erklärt sich die enorme Stärke des deutschen Leitindex.
Die Rekordjagd findet nur begrenzt statt
Außerdem sind die im DAX vereinten Unternehmen global aufgestellt. Bei kleineren Unternehmen ist das oft weniger stark ausgeprägt. Und daher hinken MDAX und SDAX dem DAX wohl auch deutlich hinterher. Der MDAX liegt aktuell noch fast 25 % unter seinem Rekordhoch.
Beim SDAX sind es immerhin noch mehr als 20 %.
Dass daher sehr viele Aktien noch hohe Kursverluste aufholen müssen, übersieht man leicht, wenn man nur auf die Rekordjagd der wichtigsten Aktienindizes schaut. Und die Situation von MDAX und SDAX passt schon eher zu den rezessiven Tendenzen hierzulande. Die Kursrally und Übertreibung finden also nur begrenzt, in einigen Werten statt, nicht im gesamten Markt.
Wirtschaft der Eurozone dümpelt im leicht rezessiven Bereich dahin
Die Wirtschaft der Eurozone entwickelt sich übrigens ebenfalls im Dezember schlechter als im November. Der entsprechende Gesamt-Einkaufsmanagerindex fiel auf 47,0 Punkte zurück, von 47,6 Zählern im Vormonat (Erwartung: 48,0).
Von einer Belebung der Wirtschaft ist hier gar nichts zu sehen. Stattdessen dümpelt sie im leicht rezessiven Bereich vor sich hin. Kein Wunder, dass eine rückläufige Auslandsnachfrage maßgeblich zum schlechten Abschneiden der deutschen Wirtschaft beiträgt.
US-Wirtschaft wächst in gemäßigtem Tempo
Die USA bleiben derweil die Insel der Glücksseeligen. Dort zeigten sich die Einkaufsmanager leicht optimistischer. Der entsprechende Index stieg von 50,7 auf 51,0.
Demnach hat sich das Wachstumstempo seit dem Hoch vom Mai deutlich verlangsamt, was ganz im Sinne der US-Notenbank (Fed) ist. Und jüngst hat es sich etwas belebt, das Tempo bleibt aber gemäßigt, was auch ganz im Sinne der Fed sein dürfte. Wenn sich nun die Teuerung weiter abkühlt, haben die Hüter des Dollars in einigen Monaten das perfekte Umfeld für erste Zinssenkungen.
In einigen Monaten kann sich allerdings noch viel verändern. Und die Zinssenkungen sind nun eingepreist. Was könnte die Rally also nun noch antreiben, außer sie sich selbst? Wenn sie das tut, dann führt das nur noch weiter in eine Übertreibung.
Es könnte daher nun noch Sinn machen, auf die Werte zu setzen, die noch nicht so stark gelaufen sind. Dabei solle man allerdings vorsichtig vorgehen. Denn wenn eine Korrektur kommt, wird diese wahrscheinlich alle Werte betreffen, lediglich in unterschiedlichem Ausmaß.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
www.stockstreet.de
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