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Kein Grund zur Sorge - Wirtschaft der Eurozone wächst weiter
Ausgabe vom 01.08.2018
Kein Grund zur Sorge - die Wirtschaft der Eurozone wächst weiter
von Sven Weisenhaus
Heute Abend tagt die US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Eine Anpassung der Geldpolitik scheint dabei nahezu ausgeschlossen, da erst auf der vorangegangenen Sitzung am 13. Juni der Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,75 - 2,00 % angehoben wurde (siehe auch Börse-Intern vom 14. Juni). Zwar plädieren die Notenbanker im Mittel für das laufende Jahr seitdem für zwei weitere Zinsschritte, statt wie zuvor nur für noch einen, doch da die Fed von „graduellen“ Zinsanhebungen spricht, werden die Zinsanhebungen wohl im vierteljährlichen Rhythmus erfolgen - also voraussichtlich im September und Dezember. Zumal zu diesen Sitzungsterminen jeweils auch die neuen Fed-Projektionen vorliegen. Interessant wird daher heute Abend lediglich, ob es Abweichungen von den Einschätzungen aus der Juli-Sitzung gibt. Aber auch das ist nicht zu erwarten. Die Sitzung dürfte daher schnell zu einem Non-Event werden.
EZB beließ ihre Geldpolitik erwartungsgemäß unverändert
Wie so etwas dann aussieht, hat in der vergangenen Handelswoche die Europäische Zentralbank (EZB) demonstriert. Diese hatte am Donnerstag ebenfalls keine Änderungen an ihrem geldpolitischen Pfad vorgenommen. Das hatte der Markt auch so erwartet. Denn auch der Rat der EZB hatte erst auf der vorangegangenen Sitzung die Stellschrauben verändert (siehe „EZB verlängert das QE-Programm und gibt einen Zinsausblick“). Die jüngste EZB-Sitzung wurde damit ebenfalls zu einem Non-Event und ging an den Börsenkursen fast spurlos vorüber.
Die Wirtschaft der Eurozone drosselt ihr Tempo
Wie sich an den aktuellen Konjunkturdaten ablesen lässt, hat die EZB auch keinerlei Eile, ihre geldpolitische Unterstützung der Wirtschaft schneller oder stärker zurückzufahren als bisher beschlossen. Denn die Gesamtwirtschaft in der Eurozone hat im Frühjahr weiter an Schwung verloren. Laut der gestrigen Schnellschätzung von Eurostat lag die Wirtschaftsleistung (BIP) im 2. Quartal 2018 um 0,3 % höher als im Quartal davor. Damit wurde die Markterwartung leicht unterschritten und die niedrigste Wachstumsrate seit dem 3. Quartal 2016 erreicht. Volkswirte hatten ein Plus von 0,4 % erwartet.
Die Tendenz eines langsameren Wachstums wurde aber bereits erwartet. Denn der Einkaufsmanagerindex von IHS Markit als Frühindikator für die gesamte Wirtschaft der Eurozone (Composite-Index) war im Mai auf ein 18-Monats-Tief gefallen. Im Juni konnte er sich zwar leicht erholen (siehe auch Börse-Intern vom 26. Juni), allerdings wurde am vergangenen Dienstag nach einer Schnellschätzung gemeldet, dass der Einkaufsmanagerindex für Juli wieder gesunken ist. Mit 54,3 Punkten notiert er aber weiterhin komfortabel oberhalb der Schwelle von 50 Punkten, ab der zukünftiges Wachstum signalisiert wird.
(Quelle: tradingeconomics.com)
Und so deutet sich aktuell an, dass das Wirtschaftswachstum der Eurozone auch zum Start in das 3. Quartal 2018 weiterhin etwas an Tempo verliert. Diese Tendenz dürfte auch noch etwas anhalten. Denn die Unternehmen verzeichnen laut den Erhebungen von IHS Markit aktuell den schwächsten Auftragszuwachs seit Oktober 2016. Das gilt auch für das Exportneugeschäft sowie die Auftragsbestände. Die Geschäftsaussichten sind auf ein 20-Monats-Tief gesunken.
Kein Grund zur Sorge - die Wirtschaft der Eurozone wächst weiter
Doch damit besteht definitiv noch kein Grund zur Sorge. Denn immerhin haben wir im April, Mai und Juni das 21. Quartal mit einer positiven Wachstumsrate in Folge gesehen. Und es dürfte mit Blick auf die Frühindikatoren auch nicht das letzte gewesen sein. Angesichts der bisherigen Besorgnis über die Handelskonflikte mit den USA ist die Enttäuschung über das etwas moderatere Wachstum daher eher noch ein Jammern auf hohem Niveau.
Und es dürfte nun interessant sein zu beobachten, ob sich die Stimmung in der Eurozone mit dem jüngsten Durchbruch im Handelsstreit (siehe gestrige Börse-Intern) wieder aufhellt. Dann könnten die Unternehmen wieder mehr investieren und das Wachstum dadurch sogar schon im 3. Quartal 2018 wieder etwas höher ausfallen.
Arbeitslosigkeit tendiert Richtung 10-Jahres-Tief
Zumal durch das anhaltende Wachstum auch die Arbeitslosigkeit kontinuierlich sinkt. So tendiert die Arbeitslosenquote in der Eurozone inzwischen in Richtung eines Zehnjahrestiefs. Im Mai lag die Arbeitslosenquote nur noch bei 8,3 %, wo sie zuletzt Ende 2008 lag. Und dieses Niveau konnte im Juni gehalten werden, wie Eurostat gestern mitteilte.
(Quelle: Eurostat)
Diese positive Entwicklung stärkt natürlich die Kaufkraft der Bürger bzw. Konsumenten. Unter anderem auch deshalb ist die Inflation inzwischen so hoch wie zuletzt vor sechs Jahren.
Inflation zieht an
Wie Eurostat ebenfalls gestern mitteilte, stieg die Inflationsrate im Juli auf 2,1 %. Das ist der höchste Stand seit Dezember 2012. Im Juni waren die Verbraucherpreise in der Euro-Zone um 2,0 % gestiegen. Und im April lag die Inflationsrate noch nur bei 1,2 %.
Hauptgrund für den Anstieg ist allerdings erneut der deutliche Anstieg der Preise für Energie. Sie verteuerte sich im Vergleich zum Vorjahresmonat um 9,4 %. Nahrungs- und Genussmittel kosteten zum Beispiel „nur“ 2,5 % mehr.
(Quelle: Eurostat)
Kernrate noch deutlich unter dem EZB-Ziel
Die Zielmarke der EZB von knapp unter, aber nahe bei 2 % wird damit inzwischen leicht überschritten. Ohne Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak lag das Preisniveau im Euroraum allerdings nur um 1,1 % höher als vor einem Jahr, nach +0,9 % im Vormonat. Und für die Ausrichtung der Geldpolitik orientieren sich die Währungshüter an dieser sogenannten Kernrate. Da die Kernrate noch deutlichen Abstand zur 2,0%-Marke hält, dürften die Geldpolitiker weiterhin keinen Handlungsdruck verspüren.
Fazit
Auch wenn das Wachstum der Eurozone jüngst leicht unter den Erwartungen blieb, so ist die Konjunkturentwicklung dennoch insgesamt sehr positiv: Die Wirtschaft wächst weiter, wenn auch in moderaterem Tempo. Dadurch sinkt die Arbeitslosigkeit kontinuierlich, womit sich die Menschen insgesamt wieder mehr leisten können. Das bringt die Inflation dem EZB-Ziel immer näher. Es läuft also eigentlich alles nach Plan.
Wohl deshalb zeigten sich auch die Finanzmärkte völlig unbeeindruckt von den jüngsten Daten und die Aktienkurse konnten sogar tendenziell zulegen. Für mich war die übertriebene Panikmache der Medien vor einer Eskalation des Handelsstreits von Beginn an nicht nachvollziehbar. Daher habe ich stets dazu geraten, die Sache deutlich nüchterner zu betrachten und sich nicht verunsichern zu lassen. Die aktuellen Kursentwicklungen, insbesondere an den Aktienmärkten, bestätigen diese Ansicht.
Das Wirtschaftswachstum dürfte in den kommenden Monaten anhalten und die Aktienkurse damit weiterhin gut unterstützt sein. Allerdings ist die fundamentale Bewertung einiger Werte nicht gerade günstig. Und zudem rückt die saisonal schwache Phase immer näher. Das Kurspotential scheint daher begrenzt. Die von mir bereits vor Monaten erwartete Seitwärtstendenz auf hohem Niveau dürfte sich daher auch in den kommenden Wochen fortsetzen.
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