Börse-Intern
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Wie die Notenbanken Fed und EZB die Märkte überraschten
Ausgabe vom 14.06.2018
Die US-Notenbank beschreitet einen steileren Zinspfad
von Sven Weisenhaus
Die US-Notenbank hat gestern wie erwartet beschlossen, den Leitzins erneut um 25 Basispunkte auf 1,75 - 2,00 % anzuheben. Die Entscheidung fiel einstimmig. Alle acht stimmberechtigten Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) stimmten für die zweite Anhebung in diesem Jahr und die siebte im laufenden Zinszyklus.
Fed ist für die US-Wirtschaft optimistischer
Dem Statement zum Zinsentscheid und den neuen Fed-Projektionen ist zu entnehmen, dass die Notenbank die Entwicklung der US-Wirtschaft leicht positiver als noch im Mai sieht. Die Projektionen zum Wirtschaftswachstum wurden daher für 2018 im Vergleich zum Mai leicht nach oben angepasst - auf 2,7 - 3,0 % (zuvor: 2,6 - 3,0 %). Auch die Prognose für die Arbeitslosenrate ist leicht optimistischer und liegt jetzt bei 3,6 - 3,7 % (zuvor: 3,6 - 3,8 %).
Inflation temporär oberhalb des Fed-Ziels
Die Inflationserwartungen sind laut Fed-Statement derweil unverändert. Auf der Pressekonferenz teilte Fed-Präsident Jerome Powell mit, der Ölpreisanstieg könne allerdings zu einem vorübergehenden Anstieg der Inflation über 2 % führen. Und das erklärt wohl auch, warum die Fed in ihren neuen Projektionen die PCE-Inflation nun zwischen 2,0 und 2,1 % liegen sieht, statt zuvor 1,8 - 2,0 %.
(Quelle: federalreserve.gov)
Zwei weitere Zinsanhebungen im laufenden Jahr
Vor diesem Hintergrund ist besonders anzumerken, dass eine ganze Textpassage aus dem Statement gestrichen wurde. Dabei handelte sich insbesondere um die „Forward Guidance“, wonach der Leitzins voraussichtlich noch einige Zeit unter dem Niveau bleiben wird, welches auf längere Sicht erwartet wird. Dies war gestern ein erster Hinweis auf einen leicht steileren Zinspfad. Mit den etwas später veröffentlichten „Dot Plots“ - also den Zinserwartungen der einzelnen Notenbank-Mitgliedern (siehe folgende Grafiken) - wurde dann klar, dass die Notenbanker im Mittel für das laufende Jahr nun mit zwei weiteren Zinsschritten rechnen statt wie bisher nur noch mit einem.
Ein Vergleich der Dot-Plots aus der Börse-Intern vom 21.03.2018 und der aktuellen Fed-Sitzung verdeutlicht dies. In der folgenden Grafik sind mit Punkten die bisherigen Zinserwartungen der einzelnen Notenbank-Mitglieder dargestellt.
(Quelle: federalreserve.gov)
Und die nächste Grafik zeigt die aktuellen Zinserwartungen nach der jüngsten FOMC-Sitzung.
Es zeigt sich hier sehr klar, dass sich die Erwartungen deutlich nach oben verschoben haben, was auf einen leicht steileren Zinspfad und eine vierte Zinsanhebung in 2018 hindeutet.
Moderate Marktreaktionen
Der Markt hatte den vierten Zinsschritt bislang nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % eingepreist. Und daher gibt es nun Anpassungsbedarf. Die Anleihenkurse tendierten direkt nach dem Zinsentscheid bereits abwärts. Und auch die Aktienkurse gaben in den USA nach.
Insgesamt waren die Marktbewegungen aber, wie in der gestrigen Börse-Intern erwartet, deutlich moderater als beim vorangegangenen Zinsschritt. Der DAX bewegte sich fast gar nicht vom Fleck. Er zeigte damit eine relative Stärke, die dem bearishen Sentiment geschuldet sein kann. Und der Euro zeigte zum US-Dollar nach einer ersten Abwärtsreaktion sogar überraschend schnell wieder Stärke, was angesichts der nun noch schneller zunehmenden Zinsdifferenz etwas merkwürdig ist.
Vielleicht handelte es sich hierbei um das typische „sell the facts“, da der Euro bereits vor dem Zinsentscheid leicht verloren und tagelang konsolidiert hatte. Vielleicht spekulierten die Märkte damit aber auch bereits auf die heutige EZB-Zinsentscheidung.
EZB verlängert das QE-Programm und gibt einen Zinsausblick
von Sven Weisenhaus
In diesem Fall hätten sich die Märkte etwas verspekuliert. Denn mit den Maßnahmen, mit denen der EZB-Rat heute an die Öffentlichkeit trat, haben die Märkte in dieser Form nicht gerechnet. Entsprechend gab der Euro wieder deutlich nach. Schauen wir dazu auf die genauen Gründe:
Hinweis auf eine erste Zinsanhebung
Wie erwartet lässt die EZB den Leitzins unverändert. Allerdings fügte die EZB im Statement zum Zinsentscheid den Satz hinzu, dass die Leitzinsen „mindestens bis zum Ende des Sommers 2019“ auf ihrem derzeitigen Niveau bleiben werden. Damit gibt sie nun einen konkreteren Zeitplan für eine erste Zinsanhebung vor. Bislang hieß es im Statement dazu lediglich, der EZB-Rat erwarte, „dass die Leitzinsen der EZB für einen längeren Zeitraum und weit über den Horizont der Nettoinventarkäufe hinaus auf ihrem derzeitigen Niveau verharren“.
EZB verlängert das Anleihekaufprogramm
Außerdem gab die EZB bekannt, ihr Anleihekaufprogramm zu verlängern. Bis September 2018 werden die Käufe wie geplant im Volumen von 30 Mrd. Euro monatlich fortgesetzt. Ab Oktober kauft die EZB dann weiterhin Anleihen, allerdings im Umfang von monatlich nur noch 15 Mrd. Euro. Ende 2018 werden die Käufe eingestellt. Dieser Plan steht unter dem Vorbehalt der Daten, die im weiteren Zeitablauf hereinkommen. Das Kapital für fällig werdende Anleihen, welche die EZB im Bestand hat, wird „über einen längeren Zeitraum“ in neue Anleihen reinvestiert.
Wachstum solide, Inflationserwartung verankert
Die EZB begründet diese Maßnahmen damit, dass die bisherigen Daten weiterhin für ein „solides, breit aufgestelltes Wachstum“ sprechen. Die aktuelle wirtschaftliche Abschwächung beruhe auf vorübergehenden Faktoren (Unsicherheiten und Angebotsengpässe). Die Frühindikatoren seien nun zwar schwächer, deuten laut EZB-Chef Mario Draghi aber weiter auf Wachstum hin. (Diese Aussage kennen Sie auch schon von unseren Analysen der entsprechenden Daten hier in der Börse-Intern.) Die Prognosen für das Wachstum 2018 wurden daher leicht zurückgenommen (+2,1 %, zuvor +2,4 %), für die Jahre 2019 (+1,9 %) und 2020 (+1,7 %) blieben die Erwartungen unverändert (siehe auch folgende Tabelle).
Und die Inflationsfortschritte seien substanziell und nachhaltig, weshalb die Inflationserwartungen „verankert“ seien. Für 2018 und 2019 rechnet die EZB nun mit einem Preiszuwachs von jeweils 1,7 % (zuvor jeweils +1,4 %), der auch für 2020 bereits in dieser Stärke erwartet wurde.
(Quelle: EZB)
Marktreaktionen erwartungsgemäß
Mit der Höhe der Anleihenkäufe, die im Schlussquartal 2018 getätigt werden, hat die EZB die Markterwartungen übertroffen. Experten hatten lediglich mit 10 Mrd. Euro monatlich gerechnet. Im Gegenzug hatte der Markt allerdings nicht mit einer konkreten Aussage zu den Leitzinsen gerechnet. Insofern haben sich beide Ankündigungen quasi ausgeglichen.
Der Markt hat aber dennoch recht deutlich darauf reagiert. Die Aktienkurse legten angesichts der länger und stärker als erwartet fließenden Liquidität relativ kräftig zu, ebenso wie die Anleihenkurse. Der Euro gab dagegen deutlich nach. Die Richtung der jeweiligen Marktbewegungen ist damit aber erwartungsgemäß. Und wie sich dies im Einzelnen charttechnisch ausgewirkt hat, erfahren Sie in den kommenden Ausgaben.
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