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DAX jubelt über Wachstumsschwäche in China?

Ausgabe vom 19.01.2016

DAX jubelt über Wachstumsschwäche in China?

von Sven Weisenhaus

Nachdem der DAX am Montag nach einer anfänglichen Berg- und Talfahrt letztlich nur seitwärts tendierte und am Ende mit 9.522 Zählern leicht schwächer schloss, sprang er heute kurz nach Handelseröffnung um 2,45 Prozent auf im Hoch 9.756 Punkte. Er setzte damit die positiven Signale der chinesischen Indizes um. Der Shanghai A Index gewann mehr als drei Prozent und konnte sich somit von der wichtigen Unterstützung bei 3.000 Punkten nach oben absetzen

Börse bejubelt schwächstes Wachstum seit 25 Jahren?

Als Grund für die Kurserholungen in China wurden Zahlen zum dortigen Wirtschaftswachstum genannt. So wurde mitgeteilt, dass das chinesische BIP im gesamten Jahr 2015 um 6,9 Prozent gewachsen ist, was exakt die Erwartungen traf. Allerdings wies das Schlussquartal des vergangenen Jahres mit 6,8 Prozent das niedrigste Wachstum seit einem Viertel-Jahrhundert auf. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum lag der Zuwachs noch bei 7,3 Prozent.

Interessant ist, dass der Dienstleistungssektor erstmals mit 50,5 Prozent (Vorjahr: 48,1) mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung beitrug. Das chinesische Statistikamt wertet dies als Erfolg der Umstrukturierung der chinesischen Wirtschaft. Allerdings haben sich dabei sowohl der Industriesektor als auch der Dienstleistungsbereich insgesamt weiter abgeschwächt. So ist die landesweite Industrieproduktion in der Jahresrechnung nach 6,2 Prozent im November auf 5,9 Prozent im Dezember zurückgegangen. Auch die Investitionsaktivitäten haben sich im Berichtsmonat als wenig dynamisch erwiesen und fielen im Jahresvergleich mit nur +6,8 Prozent (November: +10,8 Prozent) auf ein Rekordtief. Und das ist nicht einmal alles: Wie der BIP-Deflator signalisiert, bleibt das Deflationsrisiko weiter hoch. Er sank nach zuvor minus 0,7 auf jetzt minus 0,8 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand seit der Finanzkrise  2009.

Wachstumsraten werden weiter sinken

Die jüngsten Konjunkturdaten zeigen also, dass der chinesische Wachstumsmotor weiter ins Stocken gerät. Die Weltbank rechnet 2016 nur noch mit 6,7 Prozent Wachstum in China. Andere Analysten gehen davon aus, dass sich das Wachstum im weiteren Jahresverlauf auf 6,6 Prozent und 2017 auf 6,3 Prozent reduzieren wird. Und Chinas Führung selbst strebt mit dem neuen Fünf-Jahres-Plan durchschnittlich 6,5 Prozent pro Jahr an. Viele Anleger und Experten zweifeln jedoch die offiziellen Zahlen an und gehen - anhand des Frachtvolumens oder des Energieverbrauchs - von lediglich 4 bis 6 Prozent Wachstum aus.

Sind die Wachstumszahlen aus China ein plausibler Grund für den Kurssprung?

Genau genommen wären die heutigen Daten aus China eigentlich nicht dazu geeignet, die übergeordneten Wachstumssorgen der Anleger zu entkräften und den aktuellen Kurssprung  zu erklären. Zumal die aktuellen Daten zum Teil lediglich die Erwartungen trafen bzw. sogar leicht unter den Expertenschätzungen lagen. Können diese Daten also wirklich die heutige Kurserholung eingeleitet haben?

Der Markt sieht solche Daten meist aus einem anderen Blickwinkel, denn einerseits hätten die Zahlen natürlich noch schlechter ausfallen können. Insofern ist nach der Veröffentlichung etwas Unsicherheit aus dem Markt, was grundsätzlich positiv für die Börsen ist. Andererseits sind Wachstumsraten von 6,9 Prozent immer noch sehr ansehnlich und auf Dauer wären höhere Raten schon allein aus mathematischer Sicht nicht zu halten gewesen, wie Jochen Steffens hier an dieser Stelle schon so oft betont hat.

Und dann wird das schwächere Wachstum natürlich die Hoffnungen auf weitere konjunkturstützende Maßnahmen Chinas schüren. Experten rechnen nach den heutigen BIP-Zahlen damit, dass die Regierung in Peking den Geldhahn weiter aufdrehen wird. Weitere Zinssenkungen seien beschlossene Sache. Wie neue Geldspritzen auf die Märkte wirken können, haben wir in der Vergangenheit oft am Beispiel der EZB erleben dürfen.

Guter Nährboden für eine stärkere Gegenbewegung

Nachdem der DAX in der vergangenen Woche an nur drei Handelstagen mehr als 500 Punkte eingebüßt hat, der Markt also stark überverkauft ist, reichen oftmals auch „normale“ oder nur leicht positive Nachrichten aus, den Markt anzutreiben.

Ölpreis testet die 30-Dollar-Marke von unten

 

Diese Nachrichten führten auch zu einem Anstieg des Ölpreises, der nun, nachdem er zuvor unter 28 Dollar gefallen war, wieder die 30-Dollar-Marke, aber diesmal von unten, testete. Sollte er sie überwinden können, wäre das ein weiteres positives Signal. Im Moment tut er sich jedoch schwer, wie man im Chart erkennen kann.

Viele Grüße

Ihr

Sven Weisenhaus

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