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Wie Sie von den jüngsten Rückschlägen profitieren können
Ausgabe vom 11.01.2016
Wie Sie von den jüngsten Rückschlägen profitieren können
von Torsten Ewert
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
nach den Rückschlägen der Vorwoche, die für die meisten Indizes den schlechtesten Jahresstart seit Jahren oder sogar in ihrer gesamten Historie bedeuteten (z.B. für den DAX), herrscht bei vielen Anlegern erst einmal Katerstimmung. Das ist durchaus verständlich. Aber es gibt dennoch selbst in dieser Situation Chancen, die sich nutzen lassen.
Verschaffen Sie sich zuerst einen Überblick über die Lage
In solchen Situationen ist es stets sehr hilfreich, sich einen Überblick zu verschaffen. Ein guter Ausgangspunkt dafür ist eine Performance-Übersicht. Dabei ergibt sich für die mehreren zehntausend Aktien aller Börsen in unserer Datenbank folgendes Bild:
Quelle: MarketMaker
Obwohl natürlich die Mehrzahl der Werte in der ersten Woche des Jahres eine negative Performance aufweist (rote Säulen), erzielten in diesem Umfeld immerhin ein gutes Fünftel aller Aktien moderate bis ordentliche Gewinne von bis zu 10 % (grüne Säulen). Bei den noch höheren Gewinnen muss man vielfach von Sondereffekten ausgehen, die sich einer einfachen statistischen Auswertung entziehen.
Aufschlussreiche Branchenanalyse
Aber für die weitere Analyse reichen die paar tausend Aktien aus dem grünen Bereich völlig. Wenn man diese grob in zyklische und defensive Branchen unterteilt, erhält man folgendes aufschlussreiches Bild:
Quelle: MarketMaker (* ohne Banken, Versicherungen, Finanzindustrie, Rüstung/Raumfahrt)
So entfallen rund 60 % der positiven Performer der vergangenen Woche auf die defensiven Branchen, wie Nahrungs- und Genussmittel, die Gesundheitsindustrie oder den Telekom-Sektor. Aber auch die Aktien von Immobilienunternehmen, Versorgern und Handelskonzernen konnten in der vergangenen Woche überdurchschnittlich häufig Gewinne verbuchen.
Bestätigung durch das Relative-Stärke-Ranking
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt man mit der Auswertung der Relativen Stärke der einzelnen Branchen gegen den Gesamtmarkt in unterschiedlichen Zeiträumen von 6 bis 52 Wochen:
Quelle: MarketMaker, eigenen Berechnungen (defensive Branchen: grau markiert)
Auch ein einfacher Chartvergleich ist sehr hilfreich
Aber auch mit einfachen Chartvergleichen lassen sich solche Entwicklungen leicht finden. Im folgenden Chart sind z.B. der laut obiger Tabelle stärkste Branchenindex Reise/Freizeit (grün) und der schwächste (Grundstoffe; rot) dem entsprechenden Marktindex STOXX 600 (blau) gegenübergestellt:
Quelle: MarketMaker
Während der Gesamtmarkt bezogen auf das Tief vom August nur stagnierte, stieg der Index der Reise- und Freizeitbranche um immerhin 12 % an. Hingegen fielen die Grundstoffwerte um gut 24 %.
Wie Sie diese Erkenntnisse nutzen können
Solche Erkenntnisse können Sie auf unterschiedliche Weise nutzen. Zum einen ist es natürlich sinnvoll, insbesondere in Schwächephasen Aktien aus den relativ schwachen Branchen abzustoßen. Diese werden in der Regel bei erneuten Rückschlägen noch weiter zurückgeworfen. Das ist im Chart am Beispiel der Grundstoffindustrie auch sehr deutlich zu erkennen.
Zum anderen kann man natürlich Aktien aus den aktuell starken Branchen aufstocken bzw. ins Depot nehmen. Dabei ist durchaus Fingerspitzengefühl gefragt. So ist die im Chart gezeigte Reise- und Freizeitbranche durchaus einer gewissen Zyklik unterworfen. Gewöhnlich werden im Winterhalbjahr viele und lukrative Sommerreisen gebucht. Danach flaut das Geschäft wieder spürbar ab. Da die Konsumlaune der Verbraucher derzeit sehr gut ist, dürften natürlich in diesem Jahr auch ausgiebige Sommerurlaube gefragt sein, die sicherlich vielleicht sogar etwas üppiger als sonst ausfallen könnten. Die Stärke des entsprechenden Branchenindex ist also möglicherweise nur ein Vorgriff auf dieses gute Buchungsgeschäft und könnte daher bald wieder nachlassen.
Ein Trick, um Rückschläge zu verhindern
Und noch etwas gilt es zu berücksichtigen: In einer anhaltenden Marktschwäche sind selbst die starken Branchen vor Kursrückgängen nicht gefeit. Das lässt sich jedoch unter Umständen verhindern, und zwar durch einen sogenannten Alpha-Trade.
Dabei wird in einem weiterhin stark erwarteten Wert (z.B. die entsprechende Branche über ein Zertifikat oder einen ETF) eine Long-Position aufgebaut, mit der man dort auf steigende Kurse setzt. Gleichzeitig wird in einem weiterhin schwach erwarteten Wert (das kann z.B. auch der Gesamtmarkt sein) eine Short-Position aufgebaut, um von fallenden Kursen zu profitieren.
In allen Marktphasen profitieren
Der Vorteil dieser „Konstruktion“: Sofern die Relative Stärke des Wertes der Long-Position gegenüber dem Wert der Short-Position anhält, profitieren Sie immer – egal ob die Kurse fallen oder steigen. Das Prinzip kann man theoretisch auch weiterführen, z.B. bei Einzelaktien einer Branche. Dabei sind aber natürlich all diejenigen unternehmensspezifischen Aspekte zu beachten, die bei Anlagen in Einzelwerte grundsätzlich gelten, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
In jedem Fall sollten Sie auch nach dem auf den ersten Blick unerfreulichen Jahresauftakt an den Börsen am Ball bleiben. Denn Chancen finden sich auch und gerade in solchen Situationen.
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
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