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DAX: Noch keine Entscheidung an der 10.000-Punkte-Marke
Ausgabe vom 11.05.2016
DAX: Noch keine Entscheidung an der 10.000-Punkte-Marke
von Sven Weisenhaus
Der DAX zeigt sich auch heute wieder unentschlossen. Ein klarer Trend ist weiterhin nicht erkennbar. Vielmehr setzt sich das Pendeln um die 10.000er Marke fort, wobei die Kurse heute unter geringer Volatilität abbröckelten.
Viele offene Fragen
Bereits gestern hatte ich bei der Präsentation des neuen Target-Trend-Charts zum DAX über eine Unsicherheit der Märkte geschrieben. Und diese ist aktuell besonders hoch, müssen sich die Anleger doch derzeit mit diversen Problemen gleichzeitig herumschlagen, weil viele Fragen unbeantwortet sind:
- Bleiben die Aktienkurse oben oder nehmen die Korrekturen in einem saisonal schwachen Mai bald wieder Fahrt auf?
- Kann die Fed den Leitzins bald weiter anheben oder muss sie den nächsten Zinsschritt angesichts schwächelnder US-Arbeitsmarktdaten weiter verschieben, weil sich die Erholung der US-Wirtschaft dem Ende naht?
- Ist die Erholung der Ölpreise nachhaltig oder verschärfen sich die Probleme der Ölindustrie bald wieder?
- Neigt der Yen wieder zur (alten) Schwäche oder müssen bei erneuter Stärke weitere Carry-Trades aufgelöst werden?
- Bleibt der Euro in seiner Seitwärtsrange oder belastet ein weitergehender Anstieg die Erholung der Wirtschaft in der Euro-Zone und verschärft sich damit wieder die Euro-Krise?
Griechenland steht wieder kurz vor der Pleite
Apropos Euro-Krise: Da rückt inzwischen wieder das schuldengeplagte Griechenland in den Fokus. Zwar hat das griechische Parlament kürzlich ein neues Sparprogramm im Umfang von 5,4 Milliarden Euro verabschiedet, das den Weg für die Auszahlung der nächsten Milliardenhilfen freimachen sollte und eigentlich wollten die internationalen Gläubiger am vergangenen Montag in Brüssel dafür grünes Licht geben, doch gab es auf dem Sondertreffen der Finanzminister der Euro-Staaten keine Einigung im Hinblick auf die Auszahlung der nächsten Kredittranche für Griechenland. Die Entscheidung wurde auf das nächste reguläre Treffen am 24. Mai vertagt. Spätestens am 20. Juli benötigt die griechische Regierung allerdings frisches Geld, weil sie dann der Europäischen Zentralbank (EZB) Schulden in Höhe von 2,3 Milliarden Euro plus Zinsen zurückzahlen muss.
Neben den oben genannten offenen Fragen sorgt also derzeit auch die erneut aufgekommene Griechenland-Problematik für Unsicherheit. Das ist nach den Erfahrungen von 2015 durchaus verständlich. Allerdings zeigen genau diese Erfahrungen auch, dass das Problem erneut „gelöst“ werden wird und die Auswirkungen auf die Börse letztlich belanglos sind.
China nicht aus den Augen verlieren
Und dann sollte man nach wie den Blick in Richtung China werfen. Denn auch von dort kommen immer wieder schlechte Nachrichten.
So wurde zum Beispiel in den vergangenen Tagen gemeldet, dass die Importe nach China im April mit -10,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat nicht nur deutlich negativ waren, sondern zudem sehr deutlich unter der Prognose (-5,0 Prozent) blieben. Bereits im März waren die Importe Chinas um 7,6 Prozent geschrumpft. Und auch die Exporte gingen im April mit -1,8 Prozent wieder überraschend gegenüber dem Vorjahr zurück, nachdem sie im Vormonat erstmals seit einem dreiviertel Jahr wieder gestiegen waren (+11,5 Prozent).
Selten war die Marktlage so unklar
Es fehlt derzeit einfach an eindeutigen Signalen. Sowohl charttechnisch als auch fundamental ist die Situation aktuell unklar. Zu ausgeglichen ist der Mix aus positiven und negativen Nachrichten. Und das erklärt auch, warum sich zum Beispiel der DAX schon seit Wochen nicht für eine Richtung entscheiden kann.
Vielleicht erinnern Sie sich noch an die zwischenzeitige Anwendung der Elliott-Wellen. Bis Mitte März hatten diese uns perfekt den Weg nach oben gewiesen (hellblaue Rechtecke im folgenden Chart). Doch dann machten die Kursausschläge im Umfeld der damaligen EZB-Sitzung sowohl ein bullishes als auch ein bearishes Szenario für den DAX kaputt (rote Ellipse).
Es kam anschließend zu einer Seitwärtsbewegung im Bereich der 10.000-Punkte-Marke (blaues Rechteck) und ich riet, auf eine Neuorientierung der Anleger zu warten (siehe zum Beispiel „Börse-Intern“ vom 17. März). Angesichts der Fehlsignale, die der DAX im Anschluss generierte (rote Kreise) und bei denen sich einige Anleger wohl heftig die Finger verbrannt haben dürften, war dies definitiv ein guter Tipp.
Fazit
Der DAX befindet sich nach wie vor im Wirkungsfeld der psychologisch wichtigen 10.000er Marke. Neue Versuche, einen klaren Trend zu etablieren, endeten bislang als Fehlsignale. Es blieb bei einer Seitwärtstendenz. Die Phase der Neuorientierung der Anleger hält also noch an. Und so lange sich die fundamentale Situation nicht aufhellt, dürfte es auch charttechnisch bei dem trendlosen Geschiebe bleiben. (Dazu passt, wie gestern geschrieben, dass die Target-Trend-Linien aktuell die übliche Klarheit vermissen lassen.)
Es gibt einfach Marktphasen, in denen es besser ist, das Börsenspiel von der Seitenlinie aus zu beobachten. Man muss nicht permanent investiert sein und auch nicht jede Aufwärtsbewegung mit einem Long-Trade oder jede Abwärtsbewegung mit einem Short-Trade begleiten.
Kurzfristig agierende Trader können in einem solchen Umfeld durchaus den einen oder anderen Versuch starten, Gewinne zu erzielen. Langfristige Anleger können die aktuelle Marktkonsolidierung einfach aussitzen. Doch als mittelfristiger (Swing-)Trader sollte man vor neuen Engagements eine klare Neuausrichtung der Märkte abwarten.
Viele Grüße
Ihr
Sven Weisenhaus
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