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Warum viele Anleger in der Nachrichtenflut ertrinken

Ausgabe vom 02.05.2016

Warum viele Anleger in der Nachrichtenflut ertrinken

von Torsten Ewert

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

der Mai hat begonnen – und damit haben wieder die üblichen „Sell in May“-Kolumnen Hochkonjunktur. Dazu gesellen sich wie an jedem Monatsanfang diverse Markteinschätzungen (z.B. von Fondsmanagern) und die montäglichen Ausblicke auf die bevorstehende Woche.

Welche Nachricht hätten Sie denn gern?

In der Regel liefern all diese Kommentare kein einheitliches Bild. Der geneigte Anleger bleibt daher unter Umständen verwirrt zurück – so wie der Leser, der neulich (fast schon verzweifelt) fragte, nach welcher dieser durchaus fundiert klingenden Analysen er sich denn nun richten solle.

Viele von Ihnen kennen schon unsere Auffassung, dass Kurse Nachrichten machen und nicht umgekehrt. Insofern sind viele Kommentare von den jüngsten Kursbewegungen geprägt – ein Phänomen, dass die Sentimentanalyse auszunutzen versucht. Da es zudem nicht immer möglich und durchaus auch nicht immer sinnvoll ist, sich völlig von allen Nachrichten abzuschotten, bietet sich eine pragmatische Herangehensweise an.

Die Frage, die Sie in diesem Zusammenhang stets stellen sollten, ist: Was nutzt es mir? Die Antwort darauf hängt sehr stark davon ab, welcher Anlegertyp Sie sind.

Die meisten Anleger brauchen eigentlich keine Nachrichten

Der typische Day-Trader kann tatsächlich sämtliche Nachrichten ignorieren. Für ihn ist allenfalls wichtig, was während des jeweiligen Handelstages geschieht. Und dabei geht es gar nicht so sehr darum, was konkret gemeldet wird, sondern wann es gemeldet wird. Denn zu diesen Zeitpunkten steigt in der Regel die Volatilität so stark an (wegen der inzwischen zahlreichen automatisierten Handelssysteme, die auf diese Nachrichten traden), dass es meist klüger ist, zu diesen Zeiten an der Seitenlinie zu stehen. Ansonsten braucht der Day-Trader nur seine Charts.

Der Swing-Trader nutzt in der Regel Kursbewegungen, die wenige Tage oder allenfalls ein, zwei Wochen anhalten. Für ihn ist also die kurzfristige Tendenz entscheidend. Die meisten Swing-Trader werden sich dabei ebenfalls auf ihre Charts verlassen und höchsten auf einzelne Termine, z.B. die Veröffentlichung wichtiger Konjunkturdaten oder Quartalszahlen ihrer jeweils gehandelten Aktien, achten. Darüber hinaus nehmen sie eigentlich nur sehr wenige Marktkommentare zur Kenntnis, und zwar von Kollegen, deren Meinung und Erfahrung sie sehr schätzen – z.B. die Börse-Intern.

Der klassische Langfristanleger neigt dazu, auf Konjunkturnachrichten und -daten zu achten, aber bekanntlich ist der Konjunkturverlauf bzw. der Verlauf typischer Frühindikatoren nur eine sehr grobe Richtschnur für die Aktienmärkte, wie der folgende Chart zeigt (siehe insbesondere die gelbschattierten Zeiträume mit entgegengesetzten Verläufen zwischen Aktienmarkt und Konjunkturindikatoren/-daten in den USA).

S&P vs. Konjunkturindikatoren

Quellen: MarketMaker, Institute for Supply Management, U.S. Bureau of Economic Analysis

Erfolgreiche Langfristinvestoren nutzen daher andere Informationen: Warren Buffett setzt z.B. auf eine ausgefeilte Fundamentalanalyse, andere – u.a. auch die Stockstreet Investment Strategie –  nutzen ein ganzes Bündel von Indikatoren und Methoden, z.B. auch charttechnische (ja, auch Charttechnik funktioniert im langfristigen Bereich!).

Wie eine einfache Regel Ihnen helfen kann

Eigentlich ist es also tatsächlich so, dass die meisten Anleger auch ohne Nachrichten auskommen können oder diese bestenfalls zum nachträglichen „Abgleich“ ihrer Investments brauchen. Trotzdem gibt es noch immer (zu) viele Anleger, die genau diesen Nachrichten folgen. Und häufig ist es dabei sogar so, dass sie dabei die falschen erwischen.

Da lässt sich ein Langfristanleger von einer Analyse ins Bockshorn jagen, die eine Konsolidierung vorhersagt – dabei basiert diese Aussage z.B. auf einem Tageschart, der bestenfalls für die kommenden Wochen, vielleicht wenige Monate eine sinnvolle Aussage trifft. Oder ein mittelfristig orientierter Anleger setzt auf einen „Megatrend“, den ein Anlegermagazin vollmundig propagiert. Da ein solcher Trend bestenfalls langfristig Erfolg verspricht, wird der Anleger höchstwahrscheinlich zu früh und frustriert aussteigen.

Sicherlich ist es sehr schwer, sich völlig von den täglichen Einflüsterungen der Wirtschaftsmedien frei zu machen. Wenn man sich der möglichen „Nebenwirkungen“ bewusst ist und diese vermeidet, dann ist es auch gar nicht nötig. (Wie bei den meisten anderen Dingen kommt es einfach auf die Dosis an.) Aber wenn Sie schon Nachrichten „konsumieren“, dann achten Sie sorgfältig darauf, ob diese auch für Sie bzw. Ihren Anlagestil geeignet sind. Wenn Sie diese einfache Regel beachten, dann haben Sie einen wichtigen Grundstein für Ihren dauerhaften Erfolg an den Börsen gelegt.

Mit besten Grüßen,

Ihr Torsten Ewert

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