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DAX: Warum das Tief bereits hinter uns liegen könnte
Ausgabe vom 23.02.2016
DAX: Warum das Tief bereits hinter uns liegen könnte
von Sven Weisenhaus
Sicherlich kennen Sie bereits die These, dass die Börsenkurse der realen Wirtschaft sechs bis neun Monate vorauslaufen. Bevor sich also ein konjunktureller Auf-/Abschwung in der Wirtschaft anhand der fundamentalen Daten ablesen lässt, zeichnet er sich bereits in steigenden/fallenden Aktienkursen ab – so die Theorie.
DAX begann seinen Abwärtstrend im April 2015
Der DAX markierte sein Hoch am 10. April 2015 bei 12.390 Punkten. Am 10. Januar 2016, exakt neun Monate später, stand der Index bei 9.850 Zählern. Er verlor in diesem Zeitraum also 2.540 Punkte bzw. 20 Prozent.
Stimmt die Theorie, dann weisen die DAX-Verluste auf eine nachlassende Wirtschaftsleistung hin. Dann müsste sich nun in den fundamentalen Daten eine deutliche Schwäche der deutschen Wirtschaft abzeichnen. Dazu werfen wir einen Blick auf aktuelle Wirtschaftsdaten, die gestern und heute veröffentlicht wurden.
Deutsche Wirtschaft mit kontinuierlichem Wachstum in 2015
So zum Beispiel auf die heutigen Zahlen vom Statistischen Bundesamt zum deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Demnach hat die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal 2015 ihren moderaten Wachstumskursmit einem Plus von 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal fortgesetzt. Insgesamt war die konjunkturelle Lage in Deutschland im Jahr 2015 durch ein solides und stetiges Wirtschaftswachstum gekennzeichnet (jeweils + 0,4 Prozent in den ersten beiden Quartalen und + 0,3 Prozent in den beiden letzten Quartalen des Jahres). Für das gesamte Jahr 2015 ergibt sich daraus ein durchschnittlicher Anstieg von + 1,7 Prozent (kalenderbereinigt + 1,4 Prozent).
Da die Börse, wie oben beschrieben, die Zukunft sechs bis neun Monate vorwegnimmt, verwundert es also schon mal nicht, dass der DAX vor etwas mehr als zehn Monaten noch ein neues Allzeithoch markieren konnte.
Wachstumsplus nur dank höherer Staatsausgaben
Doch bei genauerem Blick auf das Wachstum im vierten Quartal fällt folgendes auf: Die positive Impulse kamen vor allem aus dem Staatssektor. So legten zwar zum Beispiel die Ausrüstungsinvestitionen insgesamt um 1,0 Prozent zu, die nicht-staatlichen Ausrüstungsinvestitionen waren allerdings rückläufig. Ohne den Staat hätte es in diesem Bereich also einen Rückgang gegeben. Und auch von der außenwirtschaftlichen Entwicklung wurde das Wachstum gebremst, weil 1,7 Prozent weniger Waren exportiert wurden als im Vorquartal. Durch einen gleichzeitigen Rückgang der Warenimporte um 0,6 Prozent hatte der Außenbeitrag insgesamt einen negativen Effekt auf das BIP-Wachstum in Höhe von 0,5 Prozentpunkten.
Sechs Monate nach dem DAX-Hoch begann die Wirtschaft zu schwächeln
Mit anderen Worten: Hätte der Staat nicht deutlich mehr ausgegeben – der Staat erhöhte seine Konsumausgaben deutlich um 1,0 Prozent –, wäre die deutsche Wirtschaft wohl Ende 2015 nicht mehr um 0,3 Prozent gewachsen.
Das ohne hohe Staatsausgaben deutlich schwächere vierte Quartal begann im Oktober 2015 und damit rund sechs Monate nach dem Top im DAX. Die These einer frühzyklischen Börse scheint also dieses Mal durchaus zu stimmen.
ifo-Index und Einkaufsmanagerindizes deuten auf anhaltende Schwäche der Wirtschaft hin
Und die konjunkturelle Schwäche dürfte anhalten. Darauf deutet zumindest der ifo-Geschäftsklimaindex hin, der heute veröffentlicht wurde und als wichtigster Indikator für die Stimmung in der deutschen Industrie gilt. Er ist von 107,3 Punkten im Januar auf 105,7 Punkte im Februar gefallen. Dies ist der dritte Rückgang in Folge und wenn der ifo-Index drei Mal in Folge zurückgeht, wird das von vielen Analysten als konjunktureller Wendepunkt angesehen.
Auch der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland fiel von 52,3 auf nur noch 50,2, womit er nur noch ganz knapp über der Schwelle von 50 Zählern steht, die zwischen Expansion und Kontraktion der Wirtschaft entscheidet.
Zukunftserwartung passt zum weiteren DAX-Verlauf
Die Zukunftserwartung, die sich für die deutsche Wirtschaft aus den Stimmungsindikatoren ergibt, passt somit zum weiteren Kursverlauf des DAX. Denn der Index notierte zwar am 10. Januar 2016 exakt neun Monate nach seinem Hoch 2.540 Punkte bzw. 20 Prozent tiefer, er markierte aber erst am 11.02.2016 bei rund 8.700 Punkten sein bisheriges Korrekturtief. Demnach wäre also gemäß der eingangs genannten Theorie der Tiefpunkt in der Wirtschaftsentwicklung erst in sechs bis neun Monaten nach dem DAX-Tief erreicht. Das wäre also irgendwo zwischen August und November 2016 der Fall.
Und passend dazu wird bei den Stimmungsindikatoren abgefragt, wie die Manager die Geschäftsentwicklung der kommenden sechs Monate sehen. Und auch hier erwarten die Manager eine deutlich verschlechterte Entwicklung.
Bislang passen daher der Kursverlauf des DAX, die wirtschaftliche Entwicklung der Vergangenheit und die Erwartung für die Zukunft sehr gut zusammen. Zumal es neben der Stimmung bereits genügend Anzeichen dafür gibt, dass es in der Zukunft mit der deutschen Wirtschaft tatsächlich weiter abwärts geht. Denn unsere Wirtschaft ist stark exportlastig und das Geschäft mit den Schwellenländern bricht derzeit kontinuierlich weg. Und auch dieser Trend dürfte noch anhalten.
Warum wir das Tief im DAX dennoch bereits gesehen haben könnten
Die globalen Finanzmärkte haben also offenbar tatsächlich die Wachstumsaussichten frühzeitig neu bewertet, was zu dem Kursrutsch an den Aktienbörsen, und damit auch im DAX, geführt hat. Doch obwohl die wirtschaftlichen Perspektiven düster sind, könnten wir genau aus diesem Grund nun bereits das Tief im DAX gesehen haben. Denn genau wie der DAX vor zehn Monaten ein Hoch im Wirtschaftswachstum angezeigt hat, könnte er nun mit dem Tief vom 11. Februar das Ende des konjunkturellen Schwächephase angezeigt haben und mit weiter steigenden Kursen eine zukünftige, also in sechs bis neun Monaten startende, wirtschaftliche Aufwärtsbewegung vorwegnehmen.
Chartanalyse DAX
Genau dies ist übrigens auch der Grund, warum wir hier im Börse-Intern mehr auf die Charttechnik und weniger auf die fundamentalen Daten achten und warum so oft die Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung zu falschen Ergebnissen führt. Und damit komme ich noch kurz zur charttechnischen Situation im DAX: Der hat seit dem Tief im kurzfristigen Bereich inzwischen eine 5-gliedrige Aufwärtsbewegung aufs Börsenparkett gelegt (blaue Ziffern).
Ob die Welle 5 bereits beendet ist, lässt sich noch nicht sagen. Aus Sicht der Elliott-Wellen-Theorie sollte sich nach deren Hoch jedenfalls eine kleine ABC-Korrektur anschließen, bevor es weiter aufwärts geht. Dies wäre das bullishe Szenario. Es ist erst hinfällig, wenn der DAX unter sein bisheriges Korrekturtief fällt.
Viele Grüße
Ihr
Sven Weisenhaus
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