Börse-Intern
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Wie bildet sich nach einer Korrektur ein Boden aus?
Ausgabe vom 11.02.2016
Wie bildet sich nach einer Korrektur ein Boden aus?
von Sven Weisenhaus
„Fehlende Stärke“ an den Börsen, das ist es, was wir seit Wochen sehen und hier auch immer wieder beschreiben. Gestern haben die US-Indizes die Chance auf eine dynamische Gegenbewegung in der Nähe der wichtigen Unterstützungen nicht genutzt. Das heißt im Umkehrschluss: Die Bullen müssen langsam liefern, sonst werden diese Unterstützungen nicht halten. Sie sehen sehr schön, dass man immer an den Gegenbewegungen erkennen kann, wie stark ein Markt ist. Und wenn Sie sich die Gegenbewegungen seit Dezember anschauen, dann ist da eben kein Anzeichen von Stärke zu erkennen, was auch zu weiter fallenden Kursen führte.
Der DAX erreicht nun Stück für Stück seine hier am 3. Februar vorgestellten Korrekturziele. Dazu noch einmal der Chart, den ich Ihnen damals vorgestellt hatte:
Sie sehen, dass das Kursziel der dreiteiligen Abwärtsbewegung (blaue Rechtecke) fast erreicht ist und das Kursziel der übergeordneten, zweiteiligen Abwärtsbewegung (gelbe Rechtecke) ebenfalls in erreichbarer Nähe liegt.
Und nun wird es wieder interessant. Denn auch an dem Verhalten im Bereich dieser Unterstützungen kann man erkennen, was mit dem Markt los ist. Sollte sich hier keine stärkere Gegenbewegung entwickeln, wäre auch dies ein weiteres, markantes Zeichen der Schwäche. Bildet sich jedoch eine Gegenbewegung aus, müssen wir wieder analysieren, wie dynamisch und stark diese ausfällt. Das lesen Sie dann natürlich hier in der „Börse-Intern“.
Es gibt keinen Grund, Aktien zu kaufen - oder?
Wenn man sich aktuell die Börsenmedien anschaut, scheint es so zu sein, als gäbe es zurzeit keinen Grund, Aktien zu kaufen. Alle möglichen und unmöglichen bearishen Szenarien werden vorgestellt. Denken Sie immer daran: Nachrichten werden durch Kurse gemacht, nicht umgekehrt! Je stärker die Kurse fallen, desto mehr suchen die Journalisten, Kommentatoren und andere nach Gründen für fallende Kurse. Und Gründe gibt es immer viele, für alles.
Am tiefsten Punkt einer Krise wird es fast niemanden mehr geben, der noch Aktien kaufen will. Weil einfach klar ist, dass Aktien vermeintlich keine Zukunft haben. Doch wie geschieht es, dass in so einer Situation, in der niemand kaufen will, die Kurse wieder steigen?
Verkäufer und Käufer
Dazu ein kleiner Exkurs, der jedoch nur einen groben Überblick gibt und damit lediglich einen Teilaspekt veranschaulicht. Tatsächlich gibt es noch mehr Gründe, aber das würde hier im Rahmen des Newsletters zu weit führen.
Zunächst muss folgendes erläutert werden: Jeder Kauf einer Aktie ist auch gleichzeitig ein Verkauf. Es gibt also immer gleich viele Käufer wie Verkäufer (auf die Einzelaktie gesehen) bei den tatsächlich abgeschlossenen Transaktionen. Wieso spricht man dann von einem überverkauften beziehungsweise überkauften Markt? Warum werden solche Dinge geschrieben, wie: „Die Käufer sind weg“ oder vergleichbares?
Wo sind die Verkäufer?
Es ist so: Nicht jeder, der verkaufen will, wird seine Aktien zu dem gewünschten Kurs los. Und auch nicht jeder, der kaufen will, erhält den gewünschten Kurs. Hinter den tatsächlich abgeschlossenen Transaktionen stehen damit eine Schar von potenziellen Käufern und Verkäufern. Und eben dieses Ungleichgewicht von potenziellen, zukünftigen Käufer auf der einen und Verkäufern auf der anderen Seite sowie deren gewünschten Kauf-/Verkaufskursen führen zu den Kursbewegungen, die sich über jede neue abgeschlossen Transaktion schlussendlich abbildet.
Wenn also die Wunschkurse der potenziellen Käufer deutlich niedriger sind als die aktuelle Notierung, kommt ein Verkauf nur auf ermäßigtem Niveau zustande – und umgekehrt: Liegen nur oberhalb der aktuellen Notierung Verkaufsaufträge im Markt, kommt eine Transaktion nur zustande, wenn ein Käufer bereit ist, einen höheren Preis zu zahlen.
Wie entsteht ein Tief?
Der Punkt an einem Tief ist also nicht, dass es zu den ermäßigten Kursen keine Käufer mehr gibt, sondern dass die „Verkaufsbereitschaft“ am Tiefpunkt gering ist. Und das zum Teil deshalb, weil der Großteil der Anleger alles das, was nicht in die Langfristdepots verschoben wurde, bereits verkauft hat. Tatsächlich steigen die Kurse also nicht, weil neue Käufer im Markt auftreten, sondern weil die potenziellen Verkäufer zu den tiefen Kursen nicht mehr bereit sind, ihre Aktien abzugeben. Erst wenn sich ein Käufer bereiterklärt, von seinem (zu tiefen) Wunschkurs abzurücken und einen höheren Preis zu zahlen, kommt es auf diesem höheren Niveau zu einer Transaktion und der neue Kurs wird dort festgestellt und entsprechend veröffentlicht.
Der Sell-Off
Meistens passiert dies nach einem Sell-Off. Das ist ein Tag nach einer längeren Abwärtsbewegung, an dem bei einer Vielzahl der verbliebenen Verkäufer die Nerven reißen und sie alles zu jedem Kurs verkaufen, was sich im Depot befindet. Unter hohem Umsatz fallen dabei die Kurse scheinbar ins Bodenlose – der Tag der Panik ist da. Nach diesem Ereignis ist der Markt stark „überverkauft“, da ein Großteil der potenzieller Verkäufer nun aus dem Markt ist. Die Kurse stabilisieren sich, und dann kommen weitere Faktoren hinzu:
Die Shorties, die Trader und die normalen Käufer
Die dann folgende Erholung wird insbesondere durch Trader, aber auch durch Anleger, die auf fallende Märkte setzten, verstärkt. Letztere müssen ihre Positionen bei wieder steigenden Kursen veräußern, um ihre Gewinne zu sichern. Der Verkauf einer Short-Position entspricht einem Kauf. Die so wieder steigenden Kurse ziehen dann nach und nach weitere Anschlusskäufer an. Und eben an diesen Anschlusskäufern, also an der Stärke der Gegenbewegung, kann man oft erkennen, ob es ein Boden war oder es sich nur um eine kleine Aufwärtsbewegung in einem tendenziell weiter fallenden Markt handelt. Denn bleiben die Anschlusskäufe aus, sind größtenteils nur die Shorties für den Kursanstieg verantwortlich. Und deren Käufe sind keine „echten“ Käufe, sprich Käufe von Anlegern, die mittelfristig Aktien haben wollen.
Keine Panik, große Sorgen
Im Moment sehen wir noch keine wirkliche Panik. Wir sehen stark fallende Kurse, die auf größere Sorgen hinweisen. Ein schöner Paniktag wäre natürlich ein gutes Einstiegssignal. Aber leider drehen die Kurse auch gerne mal einfach so, und zwar dann, wenn der Markt stark überverkauft ist. Nach einer 30-Prozent-Korrektur, die wir aktuell bereits im DAX gesehen haben, wäre zumindest eine stärkere Gegenbewegung überfällig. Aber es gibt natürlich keine Garantie dafür. Und so muss man sehr genau die Signale bewerten. Gestern in den USA sahen wir ein weiteres Schwächesignal. Die anfänglich starken Kurse wurden zum Schluss wieder abverkauft. Wenn die hier von mir genannten Unterstützungen fallen, wäre dies bestätigt. Noch aber haben die Bullen Chancen, diese Unterstützung zu verteidigen.
Viele Grüße
Ihr
Sven Weisenhaus
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