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Chinas Politik unterbricht einen Crash am Aktienmarkt
Ausgabe vom 24.01.2024
Chinas Politik unterbricht einen Crash am Aktienmarkt
von Sven Weisenhaus
Wenn man sich die anhaltenden Rallys an den Aktienmärkten vor allem in den USA und Japan, inzwischen aber auch wieder hierzulande ansieht, dann glaubt man kaum, dass in China derzeit crashartige Abwärtsbewegungen herrschen. Doch genau das war jüngst der Fall, als sich die bereits weitreichenden Abwärtstrends noch einmal beschleunigt haben.
Chinas Aktienmarkt bricht um mehr als 13,4 % binnen eines Monats ein
Der Hang Seng war bereits mit einer dynamischen Abwärtswelle von Mitte November bis Mitte Dezember von rund 17.900 auf 16.100 Punkte um mehr als 10 % eingebrochen. Am 12. Dezember hatte ich darüber bereits berichtet und den Hang Seng als mahnendes Beispiel genannt. Es folgte eine Kurserholung bis auf etwas mehr als 17.000 Zähler, doch ab Ende 2023 kam der nächste Rutsch, dieses Mal sogar um mehr als 13,4 % bis auf nur noch weniger als 14.800 Punkte am Montag dieser Woche. Mit den beiden Abwärtswellen verlor der Index insgesamt mehr als 17,4 % an Wert (siehe steiler Abwärtstrendkanal im folgenden Chart).
Seit dem Hoch vom Jahresbeginn 2023 kommt der Aktienindex dadurch nun auf ein Minus von mehr als 35 %.
Chinas Politik greift ein
Der zuletzt crashartige Kurseinbruch rief sogar die Politik auf den Plan. Sie beschloss ein Rettungspaket für den unter zunehmenden Abwärtsdruck geratenen Aktienmarkt. Auf einer Kabinettssitzung wurden weitere Geldspritzen für den Kapitalmarkt in Aussicht gestellt. Medienberichten sollten etwa 2 Billionen Yuan (umgerechnet 255 Milliarden Euro) mobilisiert werden, um den Aktienmarkt zu stützen. Chinesische Staatsbetriebe sollen im Ausland liegendes Geld nutzen, um über die Hongkonger Börse chinesische Aktien zu kaufen. Das sorgte am Tief vom Montag für eine Wende und bereits gestern für eine starke Erholung.
Chinesische Zentralbank legt nach
Diese setzte sich heute fort, angefeuert von der Nachricht, dass auch Chinas Notenbank zur Hilfe eilt. Die Zentralbank kündigte an, den Reservesatz für Geschäftsbanken (RRR) zum Zwecke der geldpolitischen Lockerung ab dem 15. Februar um einen halben Prozentpunkt zu senken. Damit werden wird rund 1 Billion Yuan (umgerechnet 128 Milliarden Euro) an Liquidität freigesetzt, erläuterte die Zentralbank dazu. (Je geringer der RRR ist, desto mehr Spielraum haben die Banken zur Vergabe von Krediten.)
Kursrutsch unter eine wichtige Marke knapp verhindert
Die Rettungsmaßnahmen kamen aus charttechnischer Sicht gerade noch rechtzeitig. Denn der Hang Seng näherte sich in hohem Tempo dem Tief vom Oktober 2022 bei 14.640,16 Punkten. Und ein Rutsch unter diese Marke hätte wahrscheinlich weitere Kursverluste nach sich gezogen. Denn vermutlich liegen dort etliche Stop-Loss-Orders im Markt. Und wenn diese ausgelöst werden, bedeutet das den Verkauf weiter Aktien. Die Abwärtsbewegung könnte damit weiter Fahrt aufnehmen und Panik auslösen.
Chinas Wirtschaft steckt in sehr großen Schwierigkeiten
Jedenfalls ist der Aktienmarkt ein Gradmesser dafür, wie es derzeit um die chinesische Wirtschaft bestellt ist. Zur Erinnerung: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den USA hat seit einiger Zeit mit einer gigantischen Immobilienkrise zu kämpfen. Zudem sind viele Regionalregierungen hoch verschuldet, weil sie riesige Summen in den Aufbau der Infrastruktur gesteckt haben.
Derweil halten sich die Verbraucher beim Konsum zurück, was inzwischen seit 3 Monaten in Folge zu sinkenden Verbraucherpreisen führt. Im Dezember lag die jährliche Inflation bei -0,3 %, nach sogar -0,5 % im November.
Die Erzeugerpreise gingen im Dezember mit -2,7 % zum Vorjahr sogar schon den 15. Monat in Folge zurück.
In der Analyse vom 12. Dezember (siehe oben) hatte ich dazu bereits erläutert, dass eine Deflation schlimmer als Inflation ist. „Denn wenn sich die Verbraucher in Erwartung weiter sinkender Preise mit Käufen zurückhalten, wird dies die Umsätze, Gewinne und Investitionen der Unternehmen belasten. Und dann könnte es zu einer Abwärtsspirale kommen. Denn wenn die Firmen in der Folge weniger produzieren, braucht es weniger Arbeitskräfte. Steigt die Arbeitslosigkeit, werden mehr Menschen weniger konsumieren können. Sie kaufen weniger, was die Umsätze, Gewinne und…“, hieß es dazu.
Deutsche Wirtschaft startet schwächer ins neue Jahr
Schaut man auf die Kursentwicklung am Aktienmarkt, dann scheint sich diese Abwärtsspirale in China zuletzt schneller zu drehen. Und da China somit als Wachstumstreiber der Weltwirtschaft ausfällt, verwundert es schon ein wenig, dass an den Aktienmärkten hierzulande, in den USA und Japan heile Welt zu herrschen scheint. Dabei wurden heute Wirtschaftsdaten veröffentlicht, die zeigen, dass sich zumindest die deutsche Wirtschaft wieder etwas schwächer entwickelt als zuvor schon und sie somit schlecht in das Jahr 2024 gestartet ist.
Wie nachhaltig sind die aktuellen bullishen Signale?
Es ist daher kein Wunder, dass die Unternehmen aus der DAX-Familie relativ günstig bewertet sind. Doch viele Aktien haben jüngst bullishe Signale gesendet. Ich bin daher nun sehr gespannt, wie nachhaltig diese sein werden – und wie nachhaltig die Kurserholung des chinesischen Aktienmarktes ist. Gewöhnlich verpuffen staatliche Maßnahmen relativ schnell, wenn sich die Wirtschaft noch nicht aus der Abwärtsspirale befreit hat.
Ich rate Ihnen daher, mit einem Auge auch den chinesischen Aktienmarkt im Auge zu behalten. Denn wenn es zu Ansteckungseffekten kommt, können die Rallys bei den japanischen, europäischen und auch den verblüffend starken US-Indizes in eine Korrektur übergehen. Sollte sich die Erholung des Hang Seng aber fortsetzen und kann der Index die Abwärtstrendkanäle brechen, ist Entwarnung aus dieser Richtung angesagt. Ein Bruch des steilen Abwärtstrendkanals wäre bereits ein Signal der Entspannung. Dann war dieser vielleicht nur der finale Sell-Off der großen Korrektur.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
www.stockstreet.de
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