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ChatGPT generiert deutsches Börsenlexikon mit zu vielen Fehlern
Ausgabe vom 27.02.2023
Das offiziell erste durch eine KI erzeugte deutsche Börsenlexikon
von Stockstreet-Team
Wahrscheinlich haben Sie auch schon das ein oder andere über ChatGPT gelesen oder davon gehört. Wir natürlich auch. Und für uns war das nicht nur ein typisches Hype-Thema – nein, es geht natürlich auch um die Zukunft von Stockstreet: Wenn alles, was da so geschrieben wurde, richtig ist, können wir dann vielleicht bald einpacken? Werden dann keine Redakteure mehr gebraucht, die Texte schreiben? Man stellt Fragen, und eine künstliche Intelligenz (KI) spuckt alles aus, was man dazu braucht, genau in der gewünschten Länge? Unheimliche Vorstellung …
ChatGPT kann keine Prognosen und aktuellen Marktanalysen
Also haben wir uns ChatGPT angeschaut. Zunächst einmal stellte sich Erleichterung ein. Wer hätte es gedacht: Börsenprognosen und detailliertere Analysen zum aktuellen Markt kann ChatGPT nicht. So schnell werden wir nicht ersetzt. Aber wie ist es damit, Texte zu schreiben? Die ersten Versuche erschienen erstaunlich vielversprechend und auch ein wenig beängstigend.
Ein komplettes Börsenlexikon von einer KI?
Gut, wir sind Trader, das heißt, wir fokussieren uns immer darauf, Prognosen für die Zukunft zu erstellen. Schnell hatten wir eine Idee, wie wir ChatGPT auf Herz und Nieren testen können. Unser Börsenlexikon sollte sowieso eine Frischzellenkur erhalten. Was wäre also, wenn wir uns von ChatGPT ein komplettes Börsenlexikon erstellen lassen? Gesagt, getan.
Wir haben also knapp 400 Begriffe ausgewählt und sie (einzeln) von ChatGPT definieren lassen. Nun ist ChatGPT alles andere als schnell, auch dauert es zuweilen lange, bis man sich überhaupt einloggen kann. Aber gut – selbst schreiben würde trotzdem länger dauern. Dachten wir. Doch da lagen wir falsch.
Erschreckendes Ergebnis: ChatGPT taugt nichts!
Schnell zeigte sich, das einzelne Begriffe mehr als fragwürdig definiert wurden. Und so haben wir Trader uns drangesetzt, jeden einzelnen dieser Beiträge auf Herz und Nieren zu prüfen. Das Ergebnis war erschreckend! Dazu gleich mehr. Wir haben dann zu jeder Definition einen Kommentar verfasst, der entweder den Fehler beschreibt und verbessert oder einfach den Kommentar: Korrekt. Das war ein so großer Aufwand, dass wir das Lexikon auch selbst hätten schreiben können. Aber wir wollten darstellen, wie leistungsfähig ChatGPT mittlerweile ist, und haben nun dieses Börsenlexikon mit unseren Kommentaren auch veröffentlicht!
Unter diesem Link finden Sie nun also das Stockstreet-Börsenlexikon powered bei ChatGPT: Stockstreet Börsenlexikon
30 Prozent der von ChatGPT ausgeworfenen Definitionen waren falsch!
Von 398 Definitionen, welche die KI für uns generiert hat, sind 282 korrekt und satte 116 waren falsch. Von den Falschen waren 70 „leicht bis mittel“ falsch, und 46 Definitionen wiesen gravierende Fehler auf.
Knapp ein Drittel aller Beiträge enthalten Fehler oder sind komplett falsch!
Knapp ein Drittel? Das ist ein wirklich schlechtes Ergebnis! Selbst 10 Prozent wären noch viel zu viel. Was soll man mit einer KI machen, die so viel inhaltlichen Müll produziert? Oder anders gefragt, was macht eine KI, die so viele Fehler produziert, mit dem Internet? Wir stellen uns vor, Menschen nutzen ChatGPT, um Content für ihre Internetseite zu produzieren. Es steht sowieso schon genügend Müll im Internet. Wird jetzt das Internet mit noch mehr falschen Inhalten überschwemmt?
Vielleicht denken Sie nun, wir übertreiben etwas. Ja, das machen wir auch. Aber nur, um deutlich zu machen, was da vielleicht auf uns zukommt. Einige Definitionen klangen so einleuchtend, dass wir sie zunächst durchwinken wollten. Dann erkannten wir, dass sie zwar richtig schienen, aber trotzdem haarsträubende Fehler enthielten. Mitunter war es nur ein Wort, das alles kippte.
Oft gingen die Definitionen so knapp an der Wahrheit vorbei, dass selbst wir Mühe hatten, diese Fehler zu finden. Und wir sind nicht mal sicher, alle gefunden zu haben. Also: Falls Sie noch Fehler finden, informieren Sie uns gerne, wir nehmen das dann in die Kommentare auf.
Schlechte Qualität im Satzbau, Sprache und Grammatik
Aber auch die sprachliche Qualität der Texte war eher unterirdisch. Damit nicht genug: Wir sind auf viele sehr umständlich formulierte, teilweise sogar grammatikalisch falsche Sätze gestoßen. Gut, es ist ein englisches Tool, das mag sich noch verbessern. Aber zurzeit sind der Satzbau, die Wortwahl, die sprachliche Tiefe nicht auf einem redaktionell akzeptablen Niveau.
Fazit
Unser Fazit: Der Aufwand, um die hohe Anzahl von Ungenauigkeiten und gravierenden Fehler zu finden und zu kommentieren, war unter dem Strich so hoch, dass es einfacher gewesen wäre, das Lexikon selbst zu schreiben. Dann hätten wir jetzt sprachlich erheblich bessere Beiträge. Wir haben uns aber entschlossen, das Lexikon mit unseren Kommentaren zu veröffentlichen. Auch um für andere zu dokumentieren, wie schlecht ChatGPT ist (zumindest noch).
Zu was wird ChatGPT also führen? In der aktuellen Version nur zu noch mehr Schund im Netz!
Warum wir die Definitionen von ChatGPT trotzdem veröffentlichen
Wir sehen dies als einen großen Test. Immerhin sind knapp 400 Begriffe von Fachleuten überprüft worden. Und natürlich möchten wir unser Ergebnis auch einer breiteren Masse vorstellen. Mit den Kommentaren ist es zudem dann doch noch ein brauchbares Börsenlexikon geworden.
Wir werden dieses mit ChatGPT erstellte Lexikon inklusiver unserer Kommentare nun ca. ein Jahr im Netz stehen lassen. Eventuell machen wir dann einen erneuten Test, ob sich etwas an ChatGPT verbessert hat. Insofern ist dieses Lexikon neben all den Informationen auch ein Mahnmal, dass man nicht jedem Hype unhinterfragt folgen soll. Und das gilt genauso auch für die Hypes an der Börse!
Ihr Stockstreet-Trader-Team
Sie wollen Beispiele? Gerne …
Was, bitte schön, ist ein Investmentfahrzeug?
Natürlich gab es auch lustiges: Bei „Fonds“ warf ChatGPT folgende Definition aus:
Was sind Fonds?
„Fonds sind Investmentfahrzeuge, bei denen Geld von vielen Anlegern zusammengelegt wird, um damit eine Vielzahl von Anlageinstrumenten wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe oder Immobilien zu erwerben.“
Kommentar von Stockstreet:
Lustig, was wohl Investmentfahrzeuge sind? Fahren da Busse durch die Stadt, in denen man mitfahren kann, um Investments zu tätigen? Nein, hier liegt ein klassischer Übersetzungsfehler vor: ChatGPT hat wohl „investment vehicle“ gemeint, also eine Anlageform.
Fehler, die eine gewisse Aufmerksamkeit erfordern
Bei der Definition von Aktiengesellschaften schreib ChatGPT u.a.:
„Aktiengesellschaften sind für Investoren attraktiv, da sie in der Regel größere Unternehmen sind, die regelmäßig Gewinne erzielen und Dividenden ausschütten.“
Beim sehr oberflächlichen ersten Lesen scheint es ok zu sein. Doch lesen Sie den Kommentar von Stockstreet:
[Dieser] Satz ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Aktiengesellschaften sind keineswegs „in der Regel“, also meistens, größere Unternehmen. Im Gegenteil, die meisten Aktiengesellschaften sind kleine oder mittlere Unternehmen (siehe Small Caps, Mid Caps). In Deutschland haben z. B. ca. 80 % aller börsennotierten Aktiengesellschaften eine Marktkapitalisierung von weniger als einer Milliarden Euro, was z. B. nur auf etwa die Hälfte der Werte des deutschen Small-Cap-Index SDAX zutrifft.
Völlig falsch ist der letzte Teil des letzten Satzes, der suggeriert, dass Aktiengesellschaften stets Gewinne erzielen und Dividenden ausschütten. Der Erfolg eines Unternehmens ist nicht von seiner Rechtsform abhängig. Daher sind Aktiengesellschaften bezüglich der Gewinne wohl nicht mehr oder weniger erfolgreich als andere Unternehmen. Und Dividendenausschüttungen sind eine Gewinnverwendung. Sie werden daher nur vorgenommen, wenn das Unternehmen „nichts Besseres“ mit dem Geld anfangen kann. Insbesondere sehr profitable Unternehmen denken daher gar nicht daran, trotz üppiger Gewinne Dividenden auszuschütten.
Auch sehr genau aufpassen musste man bei der Definition von Billigst:
„Bei der Ordererteilung an der Börse bezieht sich „Billigst“ auf den besten Preis, zu dem eine Aktie oder ein anderes Finanzinstrument gekauft oder verkauft werden kann. Dies bedeutet, dass man die Aktie oder das Instrument zum niedrigsten verfügbaren Preis erwerben möchte, der auf dem Markt angeboten wird. Eine „Billigst“-Order sorgt dafür, dass die Order automatisch ausgeführt wird, wenn ein Angebot zu dem gewünschten Preis verfügbar ist. Diese Art von Order ist besonders nützlich, wenn man auf einen fallenden Kurs spekuliert und möglichst günstig einsteigen möchte.“
Kommentar Stockstreet:
Der erste Satz ist falsch. „Billigst“ wird nur bei Kaufaufträgen angegeben und meint eine unlimitierte Order zu den günstigsten Bedingungen (niedrigster möglicher Kaufkurs zum Zeitpunkt der Ausführung).
Auch der letzte Satz ist falsch. Für den genannten Zweck ist eine „Billigst“-Order ungeeignet. Besser ist eine Limit-Order mit entsprechend niedrigem Kauflimit (unter dem aktuellen Kurs).
Und zum Schluss noch eine komplett falsche Definition bei einem eigentlich einfachen Thema:
Was ist eine Kerze?
„Eine Kerze (auch als Kerzenchart oder Kerzenstick bekannt) ist ein visuelles Darstellungsformat, das oft in der technischen Analyse verwendet wird, um Kursbewegungen einer Aktie zu verfolgen. Es gibt eine Übersicht über den Kursverlauf innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens und zeigt den Tageshoch-, Tagesniedrig- und Schlusskurs einer Aktie an.
Eine Kerze besteht aus einem Körper, der durch zwei Linien begrenzt wird, die die Tageshoch- und Tagesniedrigpreise markieren. Eine grüne Kerze bedeutet, dass der Schlusskurs höher war als der Eröffnungskurs und dass es einen Preisanstieg gab. Eine rote Kerze bedeutet dagegen, dass der Schlusskurs niedriger war als der Eröffnungskurs und dass es einen Preisrückgang gab.
Kerzencharts können helfen, Märkte und Trends zu verstehen und zukünftige Kursbewegungen vorherzusagen. Sie können auch in Verbindung mit anderen technischen Indikatoren und Analysemethoden verwendet werden, um bessere Handelsentscheidungen zu treffen.“
Kommentar Stockstreet:
Komplett falsch.
Richtigstellung erster Absatz, zweiter Satz 2: „Es gibt eine Übersicht über den Kursverlauf innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens und zeigt den Tageshoch-, Tagesniedrig- und Schlusskurs einer Aktie an.“ Es muss heißen: „Es gibt eine Übersicht über den Kursverlauf innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens und zeigt den Eröffnungs-, Tageshoch-, Tagesniedrig- und Schlusskurs einer Aktie an.“
Zweiter Absatz, erster Satz, hier muss es heißen: „Eine Kerze besteht aus einem Körper, der durch zwei Linien begrenzt wird, die des Eröffnungskurses und des Schlusskurses. Ist der Schlusskurs höher als der Eröffnungskurs, ist eine Kerze weiß oder grün (positiver Tagesverlauf), ist der Schlusskurs niedriger als der Eröffnungskurs, ist eine Kerze rot (negativer Tagesverlauf).“ Der Tagehöchstkurs einer Kerze wird durch seinen „Docht“ nach oben symbolisiert, der Tagestiefstkurs durch seinen „Docht“ nach unten. Siehe auch „Kerzenchart“.
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