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Der DAX auf dem Weg zu (s)einem Verfallstags-Kursziel

Ausgabe vom 12.09.2022

Der DAX auf dem Weg zu (s)einem Verfallstags-Kursziel

von Torsten Ewert

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

der große September-Verfallstag am Freitag dieser Woche steht an. Für den DAX gibt es dabei ein klares Kursziel, das er auch schon zielstrebig ansteuert. Wichtige Wirtschaftsdaten könnten den deutschen Leitindex noch auf den letzten Metern abfangen.

Große Verfallstage und Fed-Meetings

In jüngster Zeit war es oft so, dass in der Woche eines großen Verfallstags auch das Fed-Meeting stattfand. Von den 21 großen Verfallstagen war das 16-mal der Fall. Da die Meetings immer am Mittwoch endeten, der Verfallstag jedoch am Freitag ist, konnten Kursausschläge infolge der Fed-Entscheidung die Kurse wie die Verfallstagsprognosen durcheinanderwirbeln.

In diesem Monat findet das Fed-Meeting erst nach dem großen Verfallstag statt (am 20./21. September). Trotzdem könnte die Geldpolitik die Kurse noch in dieser Woche beeinflussen, denn morgen werden die US-Inflationsdaten für August veröffentlicht. Und die Inflation ist derzeit bekanntlich der maßgebliche Faktor für die Entscheidungen der Fed.

Auf den konkreten Zinsschritt, den die Fed in der kommenden Woche beschließen wird, dürften die Daten kaum Einfluss haben – egal, wie sie ausfallen. Ein weiterer „Triple-Schritt“, also eine Erhöhung um 0,75 Prozentpunkte, das Dreifache des „Normalschritts“ von 0,25 Prozentpunkten, ist für die Märkte mit 90%-iger Wahrscheinlichkeit gesetzt.

Quelle: CME Group

Wie die US-Inflationsdaten den Verfallstags-Trade beeinflussen können

Allerdings könnten die Daten die Erwartungen der Anleger über die weitere Geldpolitik der Fed beeinflussen. So könnten (deutlich) niedrigere Inflationswerte die Anleger auf weniger restriktive Schritte in Zukunft hoffen lassen und damit die Kurse treiben. Entsprechend könnten höhere Werte die Angst von einem noch härteren Vorgehen schüren und die Kurse drücken.

Das sollten Sie beachten, wenn Sie auf den Verfallstermin traden wollen. Ich erwarte in jedem Fall kräftige Ausschläge nach der Veröffentlichung. Nur, wenn die Daten ziemlich genau erwartungsgemäß ausfallen, dürften sich die aktuellen Trends letztlich ungestört fortsetzen.

Insofern gilt für den bevorstehenden Verfallstag ganz besonders, was generell bei diesen Prognosen zu beachten ist: Die Verfallstagskonstellation ist nicht die einzige Größe, welche die Kurse bewegt. Sie ist zudem – je nach Situation – noch nicht einmal die bestimmende. Andere Einflüsse können sie überlagern.

Das DAX-Verfallstagsdiagramm zum großen September-Verfallstag

Allerdings gelten manche Verfallstags-Mechanismen unabhängig davon. Das gilt vor allem für die Absicherungsmaßnahmen der Stillhalter, deren Auf- bzw. Abbau konkrete Kursbewegungen jederzeit in die eine oder andere Richtung verstärken können.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf können wir nun einen Blick auf das aktuelle Verfallstagsdiagramm werfen:

Quelle: Stockstreet-Verfallstagsdiagramm mit Daten der EUREX

Zwei markante Marken

Es gibt zwei auffällige Marken in diesem Diagramm: die großen Call- (blau) und Put-Positionen (rot) bei 13.000 Punkten im oberen Diagrammteil und das Minimum der MaxPain-Kurve bei 13.400 Punkten (siehe Pfeile) im unteren Diagrammteil. Letzteres ergibt sich allerdings nur rein rechnerisch, indem aus allen bestehenden Positionen derjenige Ausübungspreis berechnet wird, bei dem sich für die Stillhalter ein minimaler Verlust und damit für die Optionskäufer der größte Verlust, also der maximale Schmerz ergibt.

Der MaxPain-Wert ist aber zunächst nur ein theoretischer, denn Positionen, die weit aus dem Geld liegen haben zwar einen rechnerischen, aber keinen praktischen Einfluss auf die weiteren Kursbewegungen: Sie sind entweder längst abgesichert oder werden es gar nicht.

Der MaxPain-Wert wird also nur dann unter Umständen bedeutsam, wenn er kurz vor dem Verfallstag im aktuellen Kursbereich liegt. Und genau das ist zum großen September-Verfallstag so.

Wann der MaxPain-Wert relevant wird

Damit er seiner Rolle gerecht werden kann, sollten in seinem Umfeld weitere markante Positionen liegen. Und auch das ist diesmal der Fall, zumindest ansatzweise: Wir erkennen, dass ab 13.400 Punkten die Zahl der Call-Positionen (blaue Balken) zunimmt. Für die Stillhalter dieser Positionen ergibt sich also Absicherungsbedarf, wenn der DAX darüber steigt.

Auch die Zahl der Put-Positionen (rote Balken) nimmt aber 13.400 Punkten wieder zu. Sofern diese Positionen abgesichert sind, können die Stillhalter diese Absicherungen auflösen, wenn der DAX über diese Marke steigt. Beides – also sowohl die Absicherung von Call- Positionen als auch das Auflösen von Absicherungen für Put-Positionen – wird den Kursanstieg weiter antreiben.

Verfallstags-Marken und Charttechnik

Wie so oft vor einem Verfallstag findet sich diese wichtige Marke auch im Chart wieder – in diesem Fall als Widerstand bei 13.380,67 Punkten (dicke rot gestrichelte Linie):

Diese Linie erwies sich seit Mai als hohe Hürde für die Bullen. Ganze vier Mal ist der DAX bisher an dieser Marke gescheitert (siehe rote Pfeile). Der Ausbruch Ende Juli führte den Kurs zwar länger darüber, aber letztlich fiel er wieder darunter zurück. Und gleich danach wurde diese Linie durch einen lehrbuchgerechten Retest wieder bestätigt (siehe rechter roter Pfeil).

Hier können also die Stillhalter auf die Mithilfe der Bullen und Bären zählen: Die Bullen sind auf dem besten Weg in Richtung dieser Marke, nachdem der DAX am Freitag über 13.000 Punkte ausbrechen konnte. Sie wollen unbedingt den nächsten Angriff auf diesen Widerstand starten – und ihn am besten auch gleich brechen. Die Bären wollen genau dies verhindern und dürften die Kurse an dieser Linie wieder nach unten drücken.

Das Kursziel des DAX zum großen September-Verfallstag

Die 13.400-Punkte-Marke ist also das aktuelle Kursziel bis zum Verfallstermin am Freitag. Normalerweise wäre daher nach dem Kursverlauf der vergangenen Tage zu erwarten, dass der DAX dieses Niveau schleunigst anläuft und sich dort „festfrisst“. Damit würde sich ein (vorläufiges) Unentschieden zwischen Bullen und Bären ergeben.

Aber bereits heute hat der DAX diese Marke angelaufen und sogar zeitweilig überschritten. Inzwischen deutet sich sogar ein Ausbruch über die rot gestrichelte Linie an. Es scheint so, also wollten die Bullen diese Marke einfach überrennen. Das könnte dazu führen, dass der Anstieg wegen der Absicherungen der Call-Stillhalter dynamisch weitergeht.

Die alternativen Szenarios

Bei dieser bullishen Alternativen könnten die Kurse sogar bis an die 14.000-Punkte-Marke steigen. Das halte ich aber nur dann für möglich, wenn die Inflationsdaten eine ganz unerwartete Entspannung zeigen. Das ist jedoch unwahrscheinlich.

Daher dürfte der DAX selbst bei einem Ausbruch über 13.400 Punkte bis zum Verfallstag kaum über 13.600 Punkte steigen. Dort verläuft die letzte Abwärtslinie seit dem Januar-Hoch. Solange der DAX darunter bleibt, ist der Abwärtstrend charttechnisch weiterhin intakt, was den Bären alle Chancen lässt.

Die bearishe Alternative ist ein Rückfall in Richtung 13.000 Punkte. Dort liegt – wie eingangs erwähnt – das zweite markante Niveau der aktuellen Verfallstagskonstellation und damit das andere mögliche Kursziel für den DAX zum Verfallstag. Nach der Stärke seit Monatsbeginn kommt dieses Szenario aber nur dann in Betracht, wenn die Inflationsdaten erheblich über den Erwartungen liegen und damit einen weiteren Preisanstieg statt einer weiteren Entspannung signalisieren.

Mit besten Grüßen

Ihr Torsten Ewert

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