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Chinas Wirtschaft bricht ein, nicht jedoch der Aktienmarkt
Ausgabe vom 04.03.2020
Chinas Wirtschaft bricht ein, nicht jedoch der Aktienmarkt
von Sven Weisenhaus
Die Marktteilnehmer warten gespannt auf Konjunkturdaten, die einen Eindruck davon vermitteln können, wie sehr die Ausbreitung des Coronavirus bzw. die Maßnahmen zur Bekämpfung der Epidemie bzw. gar Pandemie die Wirtschaft belasten. Da das Virus zuerst in China ausgebrochen ist, werden sich die Auswirkungen natürlich zu allererst aus den dort erhobenen Daten ablesen lassen.
Und inzwischen wurden erste Frühindikatoren veröffentlich. Diese vermitteln ein extrem dramatisches Bild der Lage. Und sie können dadurch die eilige Zinssenkung der US-Notenbank von gestern begründen.
Chinas Wirtschaft erleidet einen nie dagewesenen Einbruch
Wie das chinesische Statistikamt bereits am Samstag mitteilte, brach der Einkaufsmanagerindex für die Industrie von 50,0 Punkten im Januar auf nur noch 35,7 im Februar ein. Analysten hatten hier lediglich mit einem Abrutschen auf 46 Punkte gerechnet. Das wäre allerdings schon der niedrigste Stand seit Januar 2009, also seit der weltweiten Finanzkrise, gewesen.
Noch schlimmer traf es den Dienstleistungssektor. Wohl aufgrund der Quarantäne-Bestimmungen und Reisebeschränkungen halbierte (!) sich das Barometer für diesen Bereich im Februar sogar beinahe. Von den noch stattlichen 54,1 Zählern für Januar blieben nur noch 29,6 Punkte übrig.
Am Montag wurden die Daten zur Industrie dann von der Mediengruppe Caixin und dem Institut IHS Markit bestätigt. Demnach sanken Produktion, Aufträge und Beschäftigtenzahlen so stark wie noch nie seit Beginn der monatlichen Umfrage vor rund 16 Jahren. Der Einkaufsmanagerindex Industrie gab dabei zwar immerhin „nur“ um 10,8 auf 40,3 Punkte nach, doch Experten hatten lediglich einen Rückgang auf 45,7 erwartet.
Womöglich hatten diese Daten zur chinesischen Wirtschaft die US-Notenbank bereits aufgeschreckt und zum schnellen Handeln bewogen. Da kam die starke Kurserholung insbesondere der US-Aktienmärkte gerade gelegen.
Der heute veröffentlichte Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex hat übrigens die extrem schlechten offiziellen Daten für Chinas Dienstleistungssektor bestätigt. Auch hier kam es zu einer Beinahe-Halbierung, mit einem Rückgang von 51,8 für Januar auf nur noch 26,5 Punkte für Februar. Damit verbuchte das Stimmungsbarometer den schlechtesten Monat seit Beginn der Aufzeichnungen vor fast 15 Jahren. Zudem war es der allererste Rückgang unter die Marke von 50 Punkten, ab der zukünftiges Wachstum signalisiert wird.
Dass es die chinesische Wirtschaft derart hart treffen würde, hatte kaum jemand erwartet. Laut aktuell angepassten Prognosen der OECD dürfte die Wirtschaft in China 2020 nur noch mit 4,9 % wachsen, nachdem es 2019 noch 6,1 % waren.
Anleger flüchteten in Scharen in sichere Häfen
Kein Wunder also, dass die Anleger in Scharen in sichere Häfen geflüchtet sind. Sie kauften massenweise Staatsanleihen, wodurch deren Kurse stark anstiegen und die Renditen in den Keller rauschten. Der Ansturm auf Bundesanleihen drückt die Renditen sämtlicher Papiere unter null Prozent. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten zum Beispiel gestern auf einem Sechs-Monats-Tief. Und ihre US-Pendants markierten zeitgleich mit weniger als 1 % den siebten Tag in Folge einem absoluten Rekordtief.
Bei einer derartigen Marktentwicklung blieb der Notenbank Federal Reserve quasi nichts anderes mehr übrig, als den Leitzins zu senken, auch wenn sie damit aus den gestern genannten Gründen vielleicht besser bis zur turnusmäßigen Zinssitzung in 14 Tagen gewartet hätte.
Chinesischer Aktienmarkt zeigt sich überraschend stark
Vor diesem Hintergrund ist es äußerst interessant zu beobachten, wie sich der chinesische Aktienmarkt verhalten hat. Von crashartigen Verlusten oder einer panikartigen Flucht in sichere Häfen ist hier überraschenderweise kaum etwas zu sehen.
Sicherlich, das bullishe Elliott-Wellen-Szenario (siehe zuletzt Börse-Intern vom 14. Januar, grüner Pfeil im Chart) wurde durch den Ausbruch des Coronavirus und seine Folgen auch für den Aktienmarkt hinfällig. Denn der Shanghai Composite erlebte bereits seinen „Schwarzen Montag“, als er alleine am Montag, den 3. Februar, um bis zu 8,73 % einbrach (siehe rote Ellipse im Chart), nachdem die Börsen zuvor eine Woche lang nicht geöffnet hatten.
Doch damit war der Spuk bereits vorbei. Seitdem machen sich die Kurse auf, sämtliche Kursverluste wieder aufzuholen. Selbst der erneute Rücksetzer, der im Zuge der crashartigen Verluste an unseren heimischen und den US-amerikanischen Börsen entstand, fiel relativ klein aus und wurde schon beinahe wieder vollständig aufgeholt.
Wenn Sie also meinem Rat von Mitte Januar gefolgt sind, „neben anderen Absicherungsmaßnahmen […] einen Teil des vorhandenen Kapitals in den chinesischen Markt umzuschichten“, dann haben Sie bisher so ziemlich alles richtig gemacht.
Und da es aktuell den Anschein hat, dass China das Gröbste hinter sich hat, könnte die Strategie, einen ordentlichen Anteil des verfügbaren Kapitals in China anzulegen, auch jetzt noch Sinn machen.
Chinesischer Aktienmarkt als Frühindikator
Übrigens könnte der chinesische Aktienmarkt ein Paradebeispiel dafür sein, was passiert, wenn auch hierzulande oder in den USA der Höhepunkt der Neuansteckungen überschritten ist. Dann könnte der übliche Gewöhnungseffekt an den Börsen wirken und die Aktienmärkte ihre Aufwärtsbewegung wieder aufnehmen. Das kann sicherlich noch einige Tage, wenn nicht gar (wenige) Wochen dauern, aber es bietet sich an, auf (Aktien-)Shoppingtour zu gehen, wenn es noch einmal zu einer zweiten Abwärtswelle in DAX, Dow Jones & Co. kommt.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
www.stockstreet.de
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