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Wie gut ist der Phase 1-Handelsdeal für die Aktienmärkte?
Ausgabe vom 16.01.2020
Wie gut ist der Phase 1-Handelsdeal für die Aktienmärkte?
von Sven Weisenhaus
Laut Angaben der US-Regierung soll der gestern beschlossene Handelsdeal das Bruttoinlandsprodukt der USA um 0,5 % jährlich erhöhen. Doch es darf bezweifelt werden, dass diese Berechnung realistisch ist. Binnen zwei Jahren soll China zusätzliche US-Waren im Volumen von fast 200 Milliarden Dollar kaufen. Bei einem US-BIP von rund 20 Billionen Dollar sind dies nur 0,1 % des BIP. Woher die restlichen 0,4 % kommen sollen, ist mir ein Rätsel.
Sollen dies die reduzierten Zölle ausmachen? Schließlich sieht der neue Vertrag immerhin auch vor, US-Zölle in Höhe von 15 % auf chinesische Schuhe, Kleidung und Schmuck auf 7,5 % zu halbieren. Doch selbst damit liegen die Zölle der USA auf chinesische Waren noch bei durchschnittlich 19,3 %. Zuvor waren es laut Berechnungen des Peterson Institute 21 %. Die aktuelle Senkung um nicht einmal 2 Prozentpunkte wird das US-BIP nicht um 0,4 % erhöhen. Und immer noch werden für zwei Drittel der Importe aus China Zölle fällig. Produkte im Wert von rund 370 Milliarden Dollar sind damit belastet. Anfang 2018, bevor der Handelskrieg begann, lagen die durchschnittlichen Zölle laut WELT bei 3 %.
Die kritischen Themen werden erst in Phase 2 behandelt
Der Vertrag ist daher im Grunde nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und die viel wichtigeren Themen, die einen fairen Wettbewerb mit China verhindern oder ermöglichen, wie zum Beispiel die chinesischen Subventionen und Staatskonzerne oder deren Abschaffung bzw. Privatisierung, werden erst in der Phase 2 der Verhandlungen angegangen. Diese Phase dürfte daher deutlich problematischer werden. Sie hat sogar das Potential, den Phase 1-Deal zu kippen, wenn sich China nicht bereit zeigt, seine Wirtschaftspolitik grundlegend zu verändern.
Chinas Staatsunternehmen wachsen auf 170.000
Manager aus Amerika und Europa beklagen immer wieder, Peking bevorzuge heimische Firmen und verzerre so den Wettbewerb. Und von chinesischen Staatsfirmen gibt es viele. Laut Weltbank stieg die Zahl der staatlichen Unternehmen in der Volksrepublik in den vergangenen Jahren dramatisch an – auf inzwischen rund 170.000. Durch Subventionen erhalten diese im internationalen Wettbewerb einen Vorteil.
Ausländische Firmen werden in China zum Technologietransfer gezwungen
Einen Vorteil erhält China auch dadurch, dass die chinesische Regierung ausländischen Firmen einen Marktzugang nur gegen Technologietransfer erlaubt. Ausländische Firmen werden dadurch gezwungen, ihr Wissen preiszugeben. Und dies kann natürlich dazu führen, dass plötzlich andere chinesische Unternehmen die gleichen Produkte und Dienstleistungen anbieten. Und werden diese auch noch subventioniert, kann zu günstigeren Preisen produziert werden, womit ausländische Unternehmen wieder aus dem Markt gedrängt werden.
Der Phase 1-Deal kann den starken Anstieg der Aktienkurse nicht rechtfertigen
Den von der US-Regierung angezettelten Handelsstreit kann man daher befürworten, fraglich ist allerdings, ob es hier in den kommenden Monaten zu einer weitergehenden Einigung kommen kann oder der Streit stattdessen wieder eskaliert. Zumal die US-Regierung laut Angaben der Helaba erst frühestens in 10 Monaten über die Einhaltung des aktuellen Teilabkommens und mögliche Fortschritte in den weiteren Verhandlungen bescheiden wollen, sodass vor der US-Präsidentschaftswahl Anfang November dieses Jahres keinen Phase 2-Deal mit weiteren Zollsenkungen geben wird. Der aktuelle Deal ist mit Blick auf die oben genannten Zahlen jedenfalls nur bedingt geeignet, das Wachstum der Weltwirtschaft wieder anzukurbeln. Und damit ist das Ausmaß des Kursanstiegs an den Aktienmärkten kaum zu rechtfertigen. Es bleibt somit eine Übertreibung, die irgendwann enden und dann womöglich zu heftigen Kursverlusten führen wird.
Die Relationen stimmen nicht mehr
Dass wir derzeit eine Übertreibung sehen, zeigen auch die folgenden Zahlen: So sind Berechnungen des Index-Anbieters S&P Dow Jones zufolge 20 % der Gesamtrendite der im S&P 500 gelisteten Unternehmen auf gerade einmal vier Werte (Amazon, Apple, Facebook und Microsoft) zurückzuführen. Apple und Microsoft bringen es zusammen auf einen Börsenwert von über 2,6 Billionen Dollar und sind damit teurer als der gesamte DAX. Derweil schreiben etwa 30 % aller Technologiefirmen Verluste. Symbolhaft hierfür steht Tesla. Der Elektroauto-Bauer ist an der Börse mehr wert als General Motors und Ford zusammen und nur etwas weniger als VW. Dabei verkauft Tesla weit weniger Autos.
Die Relationen stimmen einfach nicht mehr. Es wird zu einer Korrektur kommen. Die Frage ist nur, wann sie kommt und wie stark sie ausfällt.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
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