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Das Wachstum der USA überrascht nur auf den ersten Blick positiv
Ausgabe vom 28.11.2019
Das Wachstum der USA überrascht nur auf den ersten Blick positiv
von Sven Weisenhaus
Kurz vor dem für viele US-Amerikaner verlängerten Thanksgiving-Wochenende gab es aus den USA noch eine vermeintlich positive Meldung: Die US-Wirtschaft ist im 3. Quartal 2019 stärker gewachsen als bislang angenommen. Zwischen Juli und September stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) demnach mit einer annualisierten Rate von 2,1 %, wie das Handelsministerium gestern mitteilte. In einer ersten Schätzung war „nur“ von 1,9 % die Rede, nachdem im 2. Quartal ein Plus von 2,0 % erzielt wurde.
Diese Meldung ist allerdings nur auf den ersten Blick positiv. Denn schaut man darauf, wie das Wachstum zustande gekommen ist, so fallen eher negative Entwicklungen auf. Der private Konsum, der für gut zwei Drittel des US-BIP steht, legte zwar um 2,9 % zu, doch war das Plus im Vorquartal mit 4,6 % noch wesentlich höher ausgefallen. Zugleich verringerten die Firmen ihre Investitionen im selben Zeitraum um 2,7 %.
Diesen Umstand hatte ich übrigens auch schon bei der Veröffentlichung der ersten vorläufigen BIP-Berechnung Ende Oktober bemängelt. So war in der Börse-Intern vom 30. Oktober zu lesen, dass „die Investitionen der Unternehmen, wohl in Folge der Unsicherheiten durch den Handelskonflikt, zuletzt so stark zurückgegangen [sind] wie seit fast vier Jahren nicht mehr (-1,3 % im 3. Quartal 2019).“ Nun wurden aus den -1,3 % sogar -2,7 %.
Zurückhaltung der Unternehmen hält an
Und diese Tendenz scheint auch im Schlussquartal des laufenden Jahres anzuhalten. Denn wie man dem „Beige Book“, dem aktuellen Konjunkturbericht der Fed in Vorbereitung des FOMC-Meetings im Dezember, entnehmen kann, gibt es bei den Unternehmen auch jetzt noch eine Investitionszurückhaltung, weil Entscheidungen aufgrund des Handelsstreits aufgeschoben werden. Zudem hat die Produktionsaktivität nachgelassen. Und Einzelhändler verwiesen auf höhere Kosten und nannten zum Teil als Grund die Zölle. Dem „Beige Book“ zufolge belasten also die Querelen zwischen den USA und China die Wirtschaft und damit das Wachstum.
Hohes Wachstum ist durch hohe Staatsschulden erkauft
Nun ist diese Erkenntnis nicht gerade neu. Aber genau deshalb muss man das überraschend hohe BIP-Wachstum der USA aktuell umso kritischer hinterfragen. Und so verweise ich auch noch einmal auf die in der Börse-Intern vom 30. Oktober bereits getroffene Feststellung, dass die schwächere Nachfrage der Verbraucher und die Investitionszurückhaltung der Unternehmen durch höhere Staatsausgaben kompensiert wurden. Das hohe Wachstum der US-Wirtschaft ist also durch hohe Staatsschulden erkauft, hieß es hier an dieser Stelle schon Ende Oktober. Und dass diese Entwicklung auf Dauer nicht gesund ist, sollte jedem klar sein, der sich noch gut an die Euro-Staatsschuldenkrise erinnern kann.
Wo kommt die aktuelle Dollar-Stärke her?
Ich wundere mich daher zumindest ein wenig über die jüngste Rückkehr der Dollar-Stärke. Denn diese kann man kaum mit dem höheren BIP-Wachstum der USA erklären. Dennoch hat der EUR/USD, wie in der Börse-Intern vom 13. November bereits beschrieben, seit Anfang Oktober wieder nachgegeben und der Dollar damit gegenüber dem Euro Stärke gezeigt. 61,80 % der vorangegangenen Aufwärtsbewegung gingen so wieder verloren (siehe folgender Chart). Und anschließend wurde im Rahmen einer kleinen Kurserholung auch noch ein tieferes Hoch markiert (roter Pfeil).
Zwar hielt die 61,80er Marke bislang auch dem zweiten Angriff stand (grüne Pfeile), doch es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis diese Marke klar unterschritten werden dürfte. Die mögliche Trendwende in dem Währungspaar ist damit erst einmal abgeblasen (siehe auch „Doch keine kurzfristige Trendwende im EUR/USD?“).
Der Dollar hat einen leichten Vorteil
Ich sehe darin aber im Grunde keine besondere Dollar-Stärke. Vielmehr setzt sich bislang lediglich die Tendenz der vergangenen Wochen und Monate fort. Und dabei ist die Abwärtstendenz ja eher moderat. Die beiden Währungsräume scheinen sich aktuell beinahe in einer Patt-Situation zu befinden, mit leichten Vorteilen auf Seiten des Dollars.
Einerseits halten die Notenbanken Fed und EZB nach ihren jüngsten Zinssenkungen derzeit vorerst die Füße still. Da die Zinsen in den USA höher sind, hat der Dollar hierdurch den ersten leichten Vorteil.
Andererseits ergibt sich ein Vorteil für den Dollar durch das leicht höhere Wachstum der US-Wirtschaft gegenüber der Euro-Wirtschaft. Doch das Wachstum ist durch Schulden erkauft und die Verschuldung der USA wächst deutlich schneller als in der Eurozone. Und dadurch wird dieser Vorteil wieder wettgemacht.
So bleibt letztlich nur der Zinsvorteil. Und dieser erklärt die moderate Abwärtstendenz des Euro. Ich halte diese aber für endlich. Die Trendwende ist zwar vorerst hinfällig, aber ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass der Wechselkurs zumindest von einer Abwärts- in eine Seitwärtstendenz übergeht. Leider ist damit kurzfristig auch im EUR/USD, genau wie in DAX & Co., angesichts der relativ engen Handelsspanne derzeit kein Blumentopf zu gewinnen.
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Ihr
Sven Weisenhaus
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