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Fehlende Anschlusskäufe als Warnsignal
Ausgabe vom 14.11.2019
Fehlende Anschlusskäufe als Warnsignal
von Sven Weisenhaus
Als ich heute die aktuellen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland gelesen habe, musste ich ein wenig schmunzeln. Nachdem die deutsche Wirtschaft im 2. Quartal 2019 bereits geschrumpft war, gingen die meisten Experten fest davon aus, dass dies auch im 3. Quartal der Fall gewesen ist und das Land somit über den Sommer zumindest in eine technische Rezession gerutscht ist, also in eine Phase mit sinkendem BIP in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen. Auch die Einkaufsmanagerdaten und das ifo-Geschäftsklima hatten recht deutlich ein weiteres Minus angedeutet. Doch stattdessen legte die deutsche Wirtschaft im 3. Quartal 2019 um 0,1 % zu.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Wert des 2. Quartals von -0,1 % auf -0,2 % nach unten revidiert wurde, zumal dafür das 1. Quartal mit +0,5 % etwas besser abschnitt als zuvor angenommen (+0,4 %).
Schmunzeln musste ich deshalb, weil ich unter anderem noch am Montag auf dem Seminar bei der Börse Düsseldorf die Einschätzung vertreten hatte, dass der Handelsstreit deutlich überbewertet und dadurch die geschäftliche Entwicklung zu schwach eingeschätzt wurde (siehe auch Börse-Intern vom 8. November). Mit den aktuellen BIP-Daten sehe ich mich nun bestätigt.
Frühindikatoren sind mit Vorsicht zu genießen
Dafür kann ich mir leider nichts kaufen. Zumal das 3. Quartal 2019 Vergangenheit ist und an der Börse nur die Zukunft zählt. Mitnehmen kann man daraus lediglich, dass die Frühindikatoren die Realität nur tendenziell richtig abgebildet haben. Diese gilt es also derzeit nur mit Vorsicht zu genießen.
Fehlende Anschlusskäufe
Da an der Börse nur die Zukunft zählt, haben die neuen BIP-Daten den Börsenhandel heute auch kaum beeinflusst. Schade eigentlich, denn neue Impulse hätte der Handel dringend nötig. Unser heimischer DAX notierte heute wieder auf dem Niveau vom 4. November, ebenso wie der S&P 500 und der Nasdaq 100. Und der Dow Jones tendiert auch immerhin schon seit einer ganzen Woche in sehr engen Bahnen seitwärts.
Grundsätzlich ist dies durchaus bullish zu werten, weil sich die Aktienindizes damit auf ihren erreichten Niveaus halten können und die vorangegangenen Kursanstiege konsolidiert und verdaut werden. Meist wird dadurch Kraft für den nächsten Aufwärtsimpuls gesammelt. Es wären also eigentlich weiter steigende Kurse zu erwarten.
Doch in den USA ist diese Marktentwicklung aktuell etwas kritisch, weil die Indizes dort gerade erst über wichtige Widerstände auf neue Hochs ausgebrochen sind. Und solche Ausbrüche sollten eigentlich schnell steigende Kurse nach sich ziehen. Dass jedoch in dieser Situation bislang Anschlusskäufe ausbleiben, sollte daher skeptisch stimmen.
In den US-Indizes drohen Fehlausbrüche
Offenbar ist die Kraft der Bullen aufgebraucht, weil die Kurse vor dem Ausbruch über wichtige Hürden bereits ordentlich angestiegen waren. Und so ist nun ein baldiger Rücksetzer zu erwarten. Dieser könnte die bullishen Signale womöglich neutralisieren. Wir hätten es im schlimmsten Fall mit Fehlausbrüchen zu tun, die gefährlich sind, weil sie meist längere Kursbewegungen in die Gegenrichtung nach sich ziehen, im vorliegenden Fall also fallende Kurse.
Auch der DAX ist anfällig für einen Rücksetzer
Übrigens gilt dies in ähnlicher Form auch für den DAX. Dieser notiert im Gegensatz zu den US-Indizes zwar noch nicht auf Allzeithoch, doch wurden auch hier jüngst wichtige Hürden übersprungen – die markanten Zwischenhochs vom 22.05.2018 bei 13.204,31 Zählern und vom 15.06.2018 bei 13.170,05 Punkten (dicke rote Linien im folgenden Chart).
Wobei „übersprungen“ wohl zu optimistisch formuliert ist. Denn an der Rechteckgrenze bei 13.300 Punkten endete der „Hüpfer“ bereits (roter Pfeil). Und damit blieb der DAX auch an den genannten Hürden quasi mit einem Bein hängen und konnte sich bislang nicht wieder aufraffen. Er ist damit stark gefährdet, vorerst „aus dem Rennen genommen zu werden“.
Vielleicht endet die Welle 3 (siehe blaue Ziffern im Chart) doch nicht erst am Allzeithoch bei 13.596,89 Punkten, sondern schon an der 13.300er Rechteckgrenze. Und vielleicht läuft die zu erwartende Welle 4 zunächst bis an die untere Aufwärtstrendkanallinie, bevor das Allzeithoch erreicht wird.
Nicht ob, nur wann
Einige Leser hatten bei der vorangegangenen DAX-Analyse und der Überschrift „Der DAX ist inzwischen lupenrein bullish“ angenommen, ich hätte meine Skepsis verloren. Doch dem ist nicht so. Im Gegenteil: Meine Markteinschätzung ist unverändert und meine Skepsis weiterhin vorhanden. Ich sehe nach wie vor genügend Gründe für einen stärkeren Rücksetzer. Das war übrigens auch in dem Text unter der bullishen Überschrift vor einer Woche zu lesen. Das Kursmuster im DAX ist zwar lupenrein bullish, aber zu einem Aufwärtstrend gehören eben auch Gegenbewegungen. Und eine solche droht aktuell wieder.
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Ihr
Sven Weisenhaus
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