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Warum steigen DAX & Co. trotz deutscher Industrie-Rezession?
Ausgabe vom 09.04.2019
Warum steigen DAX & Co. trotz deutscher Industrie-Rezession?
von Sven Weisenhaus
Die Industrieproduktion in Deutschland ist im Februar um 0,2 % geschrumpft. Damit war sie den zweiten Monat in Folge rückläufig. Und diese Tendenz dürfte noch anhalten. Denn im Februar gab es mit -4,2 % gegenüber dem Vormonat (-8,4 % zum Vorjahresmonat) den stärksten Rückgang bei den Auftragseingängen in der Industrie seit mehr als zwei Jahren.
(Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie - BMWi)
Bereits im Januar waren die Bestellungen um 2,1 % zum Vormonat gesunken (-3,6 % zum Vorjahresmonat). Und je weniger Aufträge eingehen, desto weniger wird gewöhnlich zukünftig produziert.
Harte Wirtschaftsdaten passen zu den weichen Stimmungsindikatoren
Damit passen die „harten“ Wirtschaftsdaten zu den „weichen“ Stimmungsindikatoren wie dem Einkaufsmanagerindex. Am 22. März beichtete ich, dass der Einkaufsmanagerindex für die hiesige Industrie laut der Schnellschätzung von IHS Markit mit 44,7 Punkten im März auf ein 79-Monats- bzw. 6,5-Jahres-Tief gesunken war. Und das Industrie-Neugeschäft wies laut den Erhebungen von IHS Markit im März das höchste Minus seit dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise im April 2009 aus. Es ist also damit zu rechnen, dass die „harten“ Fakten auch im März einen Rückgang bei der Industrieproduktion zeigen und sich die Industrie damit tatsächlich tief in einer Rezession befindet.
Warum steigen die Aktienkurse trotz Industrie-Rezession?
Warum konnten sich aber die Aktienkurse weiter nach oben entwickeln, obwohl die Einkaufsmanagerdaten schwach ausfielen und es am 22. März bereits nach dem Beginn eines „stärkeren Rücksetzers oder einer längeren Konsolidierung“ ausgesehen hatte. Und am 27. März wies ich darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft im 1. Quartal 2019 sogar schon wieder geschrumpft sein könnte. Angesichts dieser düsteren Aussichten erscheint der Anstieg des DAX auf inzwischen rund 12.000 Punkte manchen sicherlich überraschend.
Deutschland besteht nicht nur aus Industrie
Doch Analysen sind natürlich immer nur eine Zeitpunktbetrachtung. Sie beruhen auf den zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegenden Zahlen, Daten und Fakten. Und Ende März hieß es noch, dass die deutsche Wirtschaft im Januar insgesamt 0,8 % weniger produziert hat. Dieser Wert wurde aber inzwischen von offizieller Seite auf 0,0 % deutlich nach oben revidiert, womit die Produktion nach diesen aktualisierten Zahlen im Januar lediglich stagnierte.
Und zeitgleich wurde für Februar ein Produktionsplus von 0,7 % gemeldet. Grund dafür war der Bau-Boom in Deutschland. Die deutsche Wirtschaft besteht ja nicht nur aus der Industrie. Und weil der Bausektor im Februar florierte - hier gab es ein Produktionsplus von satten 6,8 % - könnte die deutsche Wirtschaft im 1. Quartal 2019 nach den aktuell vorliegenden Daten insgesamt sogar leicht gewachsen sein.
Der Bau-Boom in Deutschland könnte also eine Rezession verhindern. Und dies wiederum passt ebenfalls zu den Einkaufsmanagerdaten. Denn wie ich am 22. März auch berichtete, sank der Einkaufsmanagerindex für die gesamte deutsche Wirtschaft im März zwar auf 51,5 Punkte, aber Werte oberhalb von 50 bedeuten bei diesem Frühindikator immer noch eine wirtschaftliche Expansion.
Und so muss man eben differenziert betrachten: Die Industrie in Deutschland befindet sich in einer sehr schwierigen Schwächephase, die auch noch im März angehalten haben dürfte. Nimmt man aber den Bau- und den Dienstleistungssektor hinzu und fügt man alle aktuellen Daten zusammen, dann ergibt sich ein keineswegs ein so pessimistisches Bild, wie es derzeit die Stimmungsindikatoren für die deutsche Industrie oder die jüngsten Prognoserevisionen diverser Institutionen zum BIP-Wachstum vermitteln.
DAX läuft der Wirtschaft einige Monate voraus
Auf einen anderen möglichen Grund für die jüngste Stärke des DAX hatte ich am 27. März unter dem Motto „Kaufen, wenn die Kanonen donnern“ ebenfalls hingewiesen: Die Aktienmärkte laufen, ähnlich wie der ifo-Index, der Wirtschaft einige Monate voraus. Und mit dem inzwischen erfolgten Anstieg des DAX auf über 12.000 Punkte haben sich bisher alle Rücksetzer nur als Gegenbewegungen im neuen Aufwärtstrend herausgestellt. So kann man derzeit davon ausgehen, dass der erste Anstieg des ifo-Index seit sechs Monaten im März nicht nur eine Eintagsfliege gewesen war und wir das Tief im Wirtschaftsabschwung bald hinter uns gelassen haben werden. Und von den beiden Elliott-Wellen-Szenarien, die ich Ende März besprochen hatte, erscheint nun das bullishe wahrscheinlicher.
Aber auch in diesem Fall ist noch mit einem Rücksetzer (roter Pfeil) oder einer längeren Konsolidierung im Rahmen einer möglichen Welle 2 zu rechnen. Diese wurde aus meiner Sicht bislang lediglich aufgeschoben. Und vom Ausmaß des Rücksetzers wird letztlich abhängen, welches Elliott-Wellen-Szenario sich am Ende durchsetzt und ob wir nicht doch noch mit einer Rezession für die gesamte Wirtschaft in Deutschland rechnen müssen.
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Ihr
Sven Weisenhaus
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