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Größere Korrekturen scheinen unvorstellbar
Ausgabe vom 13.09.2017
Größere Korrekturen scheinen unvorstellbar
von Sven Weisenhaus
An den Märkten ist wieder eine deutlich erhöhte Risikobereitschaft (sprich steigende Sorglosigkeit) erkennbar. So wurden in den vergangenen Tagen zuvor eingegangene Positionen in den sicheren Häfen aufgelöst. Dadurch kam es an den Anleihe- und Edelmetallmärkten zu fallenden Kursen. Dagegen stieg ging es an den Aktienmärkten wieder aufwärts. Der DAX legte sechs Tage in Folge zu und stieg seit seinem Tief von Ende August bei 11.868,84 Punkten binnen zwei Wochen in der Spitze um fast 700 Zähler bzw. 5,8 %. Rückenwind erhielten die deutschen Standardwerte dabei von der Wall Street, die sogar schon neue Allzeithoch erreichen konnte (S&P 500 und Nasdaq100). Und die Volatilitätsindizes nähern sich wieder ihren Tiefstwerten an. - Die Sorglosigkeit der Anleger scheint also zurück.
DAX hat zwei Drittel der Verluste wieder aufgeholt
Warum dies gefährlich ist, können Sie in der Börse-Intern vom vergangenen Montag nachlesen. Darin ist auch beschrieben, dass die Märkte „eingelullt“ sind. Denn die Rally der vergangenen Jahre hat gelehrt: „Wer verkauft, ist dumm, denn der Markt steigt sowieso wieder.“ Und genau diese Erkenntnis wird aktuell durch die gestiegenen Aktienkurse wieder bestätigt. Der DAX hat zwar vom Hoch bei 12.951,54 Punkten exakt 1.082,70 Punkte und damit 8,36 % verloren, doch mit dem aktuellen Anstieg haben die Anleger auch wieder 5,8 % gewonnen (siehe folgender Chart). Die Kursrückgänge wurden somit schon wieder zu zwei Dritteln aufgeholt. Wesentlich weniger Verluste mussten US-Anleger zwischenzeitig einstecken. Man ist daher einfach keine größeren Korrekturen mehr gewohnt.
Man ist größere Korrekturen nicht mehr gewohnt
Dazu passt auch eine E-Mail, die wir kürzlich von einem Leser erhalten haben. Er hinterfragte kritisch das hier geschilderte Szenario einer möglichen ABC-Korrektur im DAX (siehe DAX: Ende der Korrektur oder nur Ende der Welle A?“) und schrieb: „Hallo Herr Weisenhaus, weitere tausend Punkte wären natürlich sehr viel angesichts bester Wirtschaftslage und null Zinsen. Wäre es denn auch denkbar, dass es nur zu einem erneuten Rückgang auf ca. 11.850 kommt mit anschließender endgültiger Erholung, also einer Art W-Formation?“ Doch wäre eine erneute Korrektur um 1.000 Punkte wirklich so viel? Schauen wir uns dazu einige Zahlen an:
Mögliche Szenarien einer erneuten Abwärtsbewegung
Der DAX hat im Rahmen des ersten Abwärtstrends (Welle A), wie oben bereits beschrieben, vom Hoch bis zum Tief 1.082,70 Punkte verloren (siehe linkes Rechteck im folgenden Chart). Die Gegenbewegung (Welle B) lief bislang auf 12.558,03 Punkte zurück. Wenn nun eine zweite Abwärtswelle dort startet und genauso lang wird, wie die Welle A, dann könnte der DAX im Rahmen der Welle C bis auf 11.475,33 Punkte fallen (rechtes Rechteck, 12.558,03 - 1.082,70).
Vom Hoch bei 12.951,54 Punkten hätte der DAX dann bis zum neuen Korrekturtief insgesamt 1.476,21 Zähler bzw. 8,86 % korrigiert. Das wäre nicht viel mehr als bereits im Rahmen der Welle A (-8,36 %).
Fairerweise möchte ich anmerken, dass mir der Leser bereits schrieb, als die Gegenbewegung im DAX noch bei 12.363,60 Punkten stand. Doch selbst wenn man von diesem Punkt aus die zweite Abwärtswelle C berechnet (siehe folgender Chart), käme der DAX bei dann 11.280,90 Zählern „nur“ insgesamt auf eine Korrektur von knapp 13 %. Das wäre grundsätzlich eine völlig normale charttechnische Korrektur. Und es wären dann auch nur 4,6 Prozentpunkte mehr, als der DAX zuvor schon korrigiert hat.
Betrachtet man übrigens die Aufwärtsbewegung, die Anfang 2016 bei 8.699,29 Punkten begann, dann hätte der DAX bei einem Rückgang auf 11.327,18 Punkte das 38,20 % Fibonacci-Retracement (blaue Linie im Chart) und damit das Mindestkorrekturkursziel dieser Aufwärtsbewegung erreicht. Dieses Ziel liegt also ganz in der Nähe des dem Leser genannten Kursziels der Welle C.
Charttechnisch völlig normale Korrekturen
Das alles sind natürlich nur Zahlenspielereien. Und sie sind selbstverständlich kein Garant dafür, dass es tatsächlich so kommt. Denn in der Tat sprechen die beste Wirtschaftslage und das Niedrigstzinsniveau dagegen. Doch auch eine stärkere Korrektur würde an dem grundsätzlich bullishen Chartbild des DAX nichts ändern. Denn wie gesagt, egal ob 8,86 % oder fast 13 %, es wären lediglich völlig normale charttechnische Korrekturen.
Größere Korrekturen scheinen unvorstellbar
Aber diese Zahlenbeispiele zeigen, dass ein erneuter 1.000-Punkte-Kursrutsch so gesehen ohne Frage realistisch wäre. Nur kann sich derzeit kaum jemand solche Korrekturausmaße vorstellen. Selbst ich tue mich mit derartigen Korrekturkurszielen zurzeit schwer. Aber das liegt eben einfach daran, dass es schon seit anderthalb Jahren keine größeren Rücksetzer mehr gegeben hat. Aber wenn sich kaum jemand so einen Rücksetzer vorstellen kann, mich eingeschlossen, schrillen bei mir eben die Alarmglocken.
Übrigens - um Ihnen auch noch die Antwort auf die Frage des Lesers nach einer W-Formation zu geben: Eine Art W-Formation wäre möglich, ich halte diese aber für wenig wahrscheinlich. Richtige W-Formationen treten nämlich typischerweise am Ende längerer Abwärtsbewegungen auf und nicht nach derart kurzen Korrekturen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
www.stockstreet.de
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