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Wichtige Entscheidungen wurden vertagt
Ausgabe vom 07.09.2017
Wichtige Entscheidungen wurden vertagt
von Sven Weisenhaus
Der EZB-Rat hat heute beschlossen, die Leitzinsen unverändert zu belassen und bis auf weiteres auch keine Änderungen am Anleihekaufprogramm vorzunehmen. Um dies den Märkten mitzuteilen, wurde quasi die Pressemitteilung zu den geldpolitischen Beschlüssen von der vorangegangenen Zinssitzung am 20.07.2017 unverändert und mit gleichem Wortlaut übernommen.
Die Kursreaktionen direkt nach Veröffentlichung der Beschlüsse bleiben daher auch gering, weil das Ergebnis der EZB-Sitzung mehrheitlich so erwartet wurde. Größere Ausschläge gab es erst, als der Präsident der EZB, Mario Draghi, die Überlegungen, die den aktuellen Beschlüssen zugrunde liegen, auf einer Pressekonferenz erläuterte:
Höheres Wirtschaftswachstum, niedrigere Inflation
Die EZB ist im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum leicht optimistischer und erhöhte die Erwartungen für das Jahr 2017 von 1,9 % auf 2,2 %. Die Inflationsprognose für 2017 blieb unverändert bei 1,5 %. Allerdings wurde die Erwartungen für 2018 von 1,3 % auf 1,2 % und für 2019 von 1,6 % auf 1,5 % gesenkt.
Euro-Stärke zwingt die EZB zum Abwarten
Grund für die Reduzierung der Inflationserwartungen ist der gestiegene Euro-Wechselkurs. Laut Draghi stelle dessen höhere Volatilität einen Unsicherheitsfaktor dar, den es zunächst zu beobachten gilt. Der Wechselkurs sei zwar kein geldpolitisches Ziel, er müsse bei geldpolitischen Entscheidungen jedoch berücksichtigt werden, so der EZB-Chef.
Damit ist eines eigentlich sehr klar: Die EZB hat die Entscheidung über das weitere Vorgehen beim QE-Programm verschoben, weil der Euro stark gestiegen ist und man die weitere Entwicklung und die Auswirkungen auf das Wachstum und die Inflation zunächst abwarten will.
Auf der nächsten Sitzung muss eine Entscheidung fallen
Die EZB kann sich diese Zeit durchaus noch nehmen. Denn es wäre völlig ausreichend, wenn sie die Märkte auf der nächsten Sitzung im Oktober über die weiteren Pläne beim QE-Programm informiert. Und dass sie genau dies vor hat, wurde in Draghis Rede genau so formuliert („This autumn we will decide on the calibration of our policy instruments beyond the end of the year, ...“).
Allerdings wird es dann langsam eng. Denn das QE-Programm läuft Ende Dezember aus. Sollte es bis zur nächsten Sitzung erneut Störfaktoren geben, dann hätte die EZB kaum noch Möglichkeiten, eine erneute Vertagung der Entscheidung vorzunehmen. Denn bei einem noch späteren Termin wäre eine frühzeitige und behutsame Vorbereitung der Märkte auf ein Auslaufen oder eine eventuelle Verlängerung des Anleihekaufprogramms kaum mehr möglich.
Märkte mögen keine Unsicherheit
Märkte mögen keine Unsicherheit. Und daher könnte die Volatilität deutlich steigen, wenn auch auf der nächsten Sitzung keine Entscheidung fällt. Denn schließlich ist noch nicht sicher, ob die EZB das Programm, wie bislang festgelegt, zum Jahresende auslaufen lässt oder eine Verlängerung (eventuell bei gleichzeitiger Reduzierung des monatlichen Ankaufvolumens) vornimmt. Aktuell geht so gut wie niemand davon aus, dass es nicht zu einer Verlängerung kommt. Doch sicher ist dies eben nicht. Und daher könnte die Nervosität der Anleger steigen.
Haushaltsstreit in den USA beigelegt - allerdings nur bis zum 15. Dezember
Zumal auch in den USA eine wichtige Entscheidung vertagt wurde: US-Präsident Donald Trump und der Kongress haben sich auf eine Zwischenfinanzierung geeinigt und damit vorerst einen drohenden Regierungsstillstand - einen sogenannten Government Shutdown - abgewendet. Die Zwischenfinanzierung wird aber nur bis zum 15. Dezember reichen. Es muss also bis dahin erneut verhandelt werden. Die Risiken für die Finanzmärkte bleiben daher bestehen.
Sichere Häfen gefragt
Die Marktreaktionen waren dementsprechend: sichere Häfen wie Anleihen, Edelmetalle, Euro und Yen waren gefragt, Aktien wurden hingegen nach Ende der EZB-Pressekonferenz tendenziell abgestoßen. Und die anhaltende Unsicherheit könnte nun ein plausibler Grund dafür sein, dass diese Tendenz in den kommenden Wochen anhält und wir damit eine ausgedehnte Korrektur an den Aktienmärkten sehen. Zumal wir einerseits mit der abwartenden Haltung der EZB einen Belastungsfaktor für den DAX und mit dem nach wie vor drohenden „Government Shutdown“ einen Verkaufsgrund für US-Aktien haben.
Wendekerze könnte Ende der Gegenbewegung im DAX bedeuten
Im DAX haben die Kursverluste nach der EZB-Sitzung zumindest bereits ein bearishes Signal hervorgerufen. Weil es nämlich zuvor zu steigenden Kursen gekommen war, die dann vollständig verkauft wurden, ist eine Tageskerze mit langem Docht entstanden (siehe roter Kreis im Chart).
Eine solche Kerze kann eine kurzfristige Trendwende einleiten. Dazu bedarf es allerdings noch einer weiteren bearishen Kerze. Wenn diese morgen folgt, könnte das gestern geschilderte Szenario einer ABC-Korrektur Form annehmen. Zumal dann auch die Mittellinie bei 12.235 Punkten unterschritten wäre und auch nach der Target-Trend-Methode wieder bearishe Signale vorliegen würden.
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Ihr
Sven Weisenhaus
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