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Ölpreiseinbruch trotz OPEC-Einigung
Ausgabe vom 21.06.2017
Ölpreiseinbruch trotz OPEC-Einigung
von Sven Weisenhaus
Vor einem Monat einigten sich die Staaten der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) zusammen mit elf Nicht-OPEC-Ländern in einer gemeinsamen Sitzung in Wien auf eine Verlängerung der Öl-Förderkürzungen für die nächsten neun Monate. Damit wurden die bereits seit Januar geltenden Limits bei der Ölproduktion wie erwartet bis zum März 2018 ausgeweitet (siehe dazu auch Börse-Intern vom 17. Mai).
Trotz des erwarteten Beschlusses kam es an diesem Tag bei den Ölpreisen direkt nach Bekanntgabe zu einem Kurseinbruch um ca. 5 Prozent (siehe roter Pfeil im folgenden Chart). Doch damit nicht genug - die Ölpreise fielen anschließend fast ungebremst weiter bis auf ein 16-Monats-Tief und verließen damit sogar die seit März 2016 geltende Seitwärtsrange (gelbes Rechteck) nach unten. Wie konnte es dazu kommen?
OPEC-Einigung reicht für einen Abbau der Lagerbestände nicht aus
Einerseits wurde die Einigung erwartet und mit dem vorangegangenen Kursanstieg bereits eingepreist. Daher kam es direkt nach der Vollzugsmeldung zu Verkäufen nach dem Motto „Sell the facts“. Andererseits entspricht die anhaltende Reduzierung der Förderung um täglich 1,8 Millionen Barrel (je 159 Liter) nur ca. zwei Prozent der weltweiten Produktion. Und dies reicht aus Sicht der Märkte offenbar nicht aus, um das weltweite Überangebot zu reduzieren und somit die im Vorfeld der Sitzung erreichten Preise von über 50 USD zu rechtfertigen.
Eigentlich sollten durch den OPEC-Beschluss die historisch hohen Öllagerbestände gesenkt werden. Doch Daten der International Energy Agency (IEA) zeigen stattdessen einen deutlichen Anstieg der Lagerbestände in den Industrieländern. So war die Gesamtmenge im April um 18,6 Millionen Barrel gestiegen und lag damit um 292 Millionen Barrel über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Die Ölvorräte in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die 35 Industriestaaten repräsentiert, betragen derweil mehr als 3 Milliarden Barrel und liegen damit um rund 250 Millionen über dem OPEC-Ziel. Und die IEA warnt, dass das Überangebot 2017 weiter bestehen wird.
Steigende US-Förderung kompensiert die OPEC-Förderbegrenzung
Schon in der Börse-Intern vom 17. Mai berichtete ich, dass die wachsende Ölförderung der USA die beschlossene Menge der Förderkürzung mehr und mehr kompensiert. War zum Zeitpunkt der damaligen Analyse die Zahl der Bohrlöcher bereits auf 712 angestiegen - binnen zwei Monaten um weitere 18 Prozent und auf Jahressicht sogar um über 123 Prozent, lag diese zuletzt bei 747. Binnen eines Monats kamen also weitere 35 Bohrstellen bzw. 5 Prozent hinzu.
Fragile Einigung
Und selbst die OPEC-Länder halten sich nicht an den Plan zur Förderbegrenzung. So war deren Förderung im Mai bereits wieder gestiegen. Der tägliche Ausstoß legte um 1,0 Prozent auf 32,124 Millionen Barrel zu, wie das Kartell in seinem Monatsbericht mitteilte. Dies zeigt neben dem Streit am Golf, bei dem Katar von mehreren Staaten isoliert wurde, dass die Übereinkunft zwischen den großen Ölstaaten äußerst fragil ist.
Ölpreis kurzfristig im Abwärtstrend
In Anbetracht all dieser Aspekte setzt der Markt darauf, dass auf absehbarer Zeit das Ölangebot hoch bleiben wird und die Preise dadurch weiter belastet werden. Mit dem tieferen Hoch zum OPEC-Beschluss Ende Mai etablierte sich sogar ein Abwärtstrendkanal (rot im Chart oben), bis an dessen unteres Ende die Kurse jüngst gefallen sind.
Elliott-Wellen-Analyse
Zuvor war es übrigens zu einem abgeschlossenen 5-gliedrigen Aufwärtstrend gekommen, so dass nach der Elliott-Wellen-Theorie mit dieser Korrektur zu rechnen war. Vielleicht erinnern Sie sich noch an den Chart aus der Börse-Intern vom 17. Mai:
Zu diesem Zeitpunkt erwartete ich noch einen Anstieg im Rahmen der Welle 5 bis über den Zielkurs von 50 USD. Wie der folgende Chart (bei dem ein Kontraktwechsel zu berücksichtigen ist) zeigt, kam es tatsächlich noch zu diesem finalen Anstieg, bevor dann der „OPEC-Crash“ folgte (rote Ellipse).
Neue Chance für einen Long-Einstieg
Geht man davon aus, dass die aktuellen Kursrückgänge in den Ölpreisen übertrieben sind und es bald zumindest wieder zu einer Gegenbewegung innerhalb des Abwärtstrendkanals oder gar zu einer Fortsetzung der Seitwärtsrange (gelbes Rechteck im Chart oben) kommt, könnte man nun, wie schon innerhalb des 5-gliedrigen Aufwärtszyklus, erneut auf steigende Kurse setzen.
Mit einem Ansteuern der oberen Abwärtstrendkanallinie würde auch wieder mein Zielkurs von 50 USD erreicht (dicke blaue Linien in den Charts). Und ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass die ölfördernden Länder, die höhere Ölpreise benötigen, das aktuelle Preisniveau nicht allzu lange akzeptieren werden. Leichte Interventionen könnten den Preis dann wieder steigen lassen. Aber auch der die gesunkenen Investitionen könnte die Preise bald wieder steigen lassen. Dazu ein Zitat aus der Börse-Intern vom 17. Mai:
„Dabei muss die OPEC eigentlich nur noch eine gewisse Zeit überbrücken, bis das Ölangebot unabhängig von der beschlossenen Angebotsverknappung knapp wird. Dies geht zumindest aus der jüngsten Fünfjahresprognose der Internationalen Energieagentur IEA zum globalen Ölmarkt hervor. Laut der IEA-Analyse waren die jährlichen Einnahmen der OPEC-Länder wegen des Ölpreisverfalls zwischen 2012 und 2016 von 1,2 Bio. US-Dollar auf 450 Mrd. US-Dollar zurückgegangen. Und dies hatte zur Folge, dass die Förderfirmen die Gürtel enger zogen. Die Investitionen gingen 2015 und 2016 um jeweils etwa 25 Prozent zurück. Deshalb könnte innerhalb von wenigen Jahren der Nachschub schwächeln, so die IEA.“
Eine kleine Long-Position könnte sich also lohnen. Wer es konservativer mag, wartet noch Umkehrsignale für ein Ende der laufenden Abwärtsbewegung ab.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
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