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S&P 500: Hopp oder Topp
Ausgabe vom 14.03.2016
S&P 500: Hopp oder Topp
von Torsten Ewert
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
nachdem wir uns in der vorigen Woche mit der fundamentalen Situation im S&P 500 beschäftigt haben, müssen wir nun – aus gegebenem Anlass – einen Blick auf den Chart werfen. Hier tut sich in verschiedener Hinsicht Bemerkenswertes.
Bullisher Ausbruch im S&P 500
Am Freitag brach der S&P 500 dynamisch und mit einer langen weißen (= bullishen) Kerze über wichtige Widerstände nach oben aus (siehe folgender Chart):
Das ist zunächst insofern bemerkenswert, weil in dieser Woche sowohl die wichtige Fed-Sitzung als auch der große Verfallstag stattfinden. Nun sind einerseits zwar stets Turbulenzen im Umfeld dieser Ereignisse zu erwarten, andererseits gehen die Anleger in deren Vorfeld meist in Deckung, so dass die Kurse bis zu den jeweiligen Terminen eher seitwärts laufen. Allein aus diesem Grund war der Ausbruch vom Freitag nicht unbedingt zu erwarten.
Ein zweiter Punkt, der diesen Ausbruch besonders macht, ist die aktuelle Chartsituation. Sie sehen, dass der Kurs für diesen Ausbruch ein dichtes Bündel verschiedener Widerstände überwinden musste. Da ist zunächst die wichtige 2.000-Punkte-Marke, an welcher der S&P 500 in den Tagen zuvor mehrfach scheiterte. Dann galt es, die Oberkante eines Abwärtstrends zu überwinden, den er Anfang des Jahres erst nach unten verlassen hatte. Und schließlich ist da noch eine sehr steile Aufwärtslinie, die den Kurs zwar seit dem Tief im Februar geführt hat, aber in der Vorwoche gebrochen wurde.
Kurspotenzial bis 2.300 Punkte
Nach der Target-Trend-Methode stieß der Kurs also durch ein (Beta-)Target und das ist stets ein bullishes Zeichen – insbesondere bei den genannten Begleitumständen. Allerdings zeigte sich der S&P 500 zuvor schon bullish. So eroberte er erst kürzlich den alten, übergeordneten Aufwärtstrend seit 2009 (dicke grüne Linien) zurück. Auch das ist beachtlich, denn nachdem er diesen in der Korrektur vom August/September 2015 noch verteidigen konnte (siehe linker grüner Pfeil), brach er aus ihm beim Rückfall im Januar ohne größere Gegenwehr nach unten aus. Danach scheiterten zunächst zwei Versuche einer Rückeroberung (siehe rote Pfeile). Doch nach der Wiedereroberung des Kanals Anfang März bestätigte er dessen untere Linie bereits erneut (siehe rechter grüner Pfeil).
Damit und mit dem weiteren Ausbruch vom Freitag hat der S&P 500 alle Chancen, den seit fast einem Jahr laufenden Bärenmarkt zu beenden. Dazu müsste er nun zügig das Kursziel aus der vollendeten Doppelbodenformation bei 2.084 Punkten anlaufen (siehe blaue Rechtecke). Übrigens: Nach der Target-Trend-Methode könnte der S&P 500 in der laufenden Aufwärtsbewegung auch bis an das Allzeithoch bei knapp 2.135 Punkten laufen – und im besten Fall sind sogar mehr als 2.300 Punkte drin…
Übergeordnete Gefahren sind noch nicht gebannt
Können wir uns also zurücklehnen und den Bärenmarkt abhaken? Leider nein, denn das übergeordnete Bild zeigt weiterhin bearishe Aspekte. So ist z.B. das hier von Jochen Steffens seit Juli vergangenen Jahres wiederholt thematisierte Rounding – also eine potenzielle Top-Formation – im S&P 500 zumindest theoretisch weiterhin möglich (siehe folgender Chart):
Sie sehen, dass der Kurs die Oberkante des Bogens noch nicht überwunden hat. In unserem bisherigen Szenario könnte der Kurs nun im Bereich von 2.040 Punkten die Begrenzung des Roundings erreichen. Und ausgerechnet hier verläuft eine durchaus signifikante Widerstandszone (rot).
Allerdings ist das Rounding-Szenario mittlerweile recht unwahrscheinlich. Grund hierfür sind die starken Einbrüche der vergangenen Monate. Diese sind eigentlich völlig untypisch für ein Rounding-Top (hier bewegt sich der Kurs idealerweise in vergleichsweise kleinen Fluktuationen entlang des Bogens, wie es von Ende November 2014 bis Mitte August 2015 der Fall war).
Die bullishe Alternative: ein breiter Konsolidierungstrend
Alternativ dazu kommt ein breiter Konsolidierungskanal (rote Linien) in Betracht. Das ist eine vergleichsweise bullishe Variante, da selbst die relativ große Ausdehnung dieses Trends im Vergleich zum vorherigen Aufwärtstrend (dicke grüne Linien) noch als untergeordneter Konsolidierungskanal oder „Flagge“ durchgehen kann. Als solcher wäre er eine Fortsetzungsformation, die mit dem Ausbruch nach oben abgeschlossen werden sollte, wonach dann bald neue Hochs erreicht werden sollten.
Aktuell verläuft die Oberkante dieses Kanals bei 2.064 Punkten, so dass auch hier der Kurs noch etwas Platz nach oben hat, bevor eventuell eine erneute Drehung nach unten einsetzt. Allerdings gilt sowohl für das Rounding als auch den breiten Konsolidierungskanal: Beide Formationen sind definitiv hinfällig, wenn der S&P 500 sein Kursziel aus der Bodenformation vom Januar/Februar bei 2.084 Punkten erreicht.
Auch die Seitwärtsbewegung ist weiterhin möglich
In diesem Fall hätten die Bullen also einen wichtigen Etappensieg errungen und die Gefahr eines andauernden Bärenmarkts wäre hinfällig. Ein Etappensieg ist es nur deshalb, weil die Fortsetzung der Rally zwingend neue Hochs erfordert. Bis dahin kann es auch zu einer dritten Variante kommen: einer Seitwärtsbewegung, deren mögliche Begrenzungen das Hoch von 2015 bei 2.135 Punkten und die Tiefs von 2014 und 2016 bei rund 1.820 Punkten (grüne Zone) sind. Bei einem Rückfall unter 1.820 Punkte würde hingegen der Bärenmarkt weitergehen.
Aber soweit ist es noch nicht – vorerst steigt der Kurs ja noch. Daher warten wir erst einmal die Auswirkungen der Fed-Sitzung und des Verfallstags ab.
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
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