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EUR/USD sowie Aktien long, lautet derzeit die Devise
Ausgabe vom 18.11.2020
EUR/USD sowie Aktien long, lautet derzeit die Devise
von Sven Weisenhaus
In den vergangenen Tagen haben sich die Hinweise verdichtet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) auf ihrer anstehenden Sitzung im Dezember noch einmal nachlegen und ihre Geldpolitik noch ein Stück expansiver ausrichten wird. Der „Wink mit dem Zaunpfahl“ kam dabei direkt aus den Reihen der Notenbank, womit die Märkte meist auf die neuen Maßnahmen vorbereitet werden.
EZB bereitet die Märkte auf neue Maßnahmen vor
So sagte zum Beispiel EZB-Präsidentin Christine Lagarde gestern in einem Online-Forum der Agentur Bloomberg, dass ein Corona-Impfstoff die Wirtschaftsprognosen der Euro-Notenbank nicht grundlegend ändern werde. Die EZB habe in ihrem Basisszenario bereits angenommen, dass es irgendwann im 1. Halbjahr 2021 einen Impfstoff gebe. Dennoch werde auch das 1. Halbjahr 2021 noch schwierig sein, fügte sie hinzu. Aus diesen Aussagen kann man ableiten, dass die EZB trotz der aktuellen Impfstoff-Meldungen im Dezember neue Maßnahmen beschließen wird. Zumal Spaniens Notenbankchef Pablo Hernandez de Cos seine konkrete Ansicht äußerte, dass die Notenbank ihre geldpolitische Unterstützung weiter verstärken sollte.
Passend dazu wurden heute auch aktuelle Inflationsdaten aus der Eurozone veröffentlicht. Demnach sind die Preise im Oktober den 3. Monat in Folge gefallen. Die Inflationsrate lag erneut bei minus 0,3 %, wie bereits im September, nach minus 0,2 % im August.
Mit diesen Zahlen wurde zwar lediglich die Schnellschätzung von Ende Oktober bestätigt und die EZB hatte bereits eingeräumt, dass es wohl bis Anfang 2021 bei einer „negativen Inflation“ bleiben wird (siehe auch Börse-Intern vom 30. Oktober), dennoch setzt die Preisentwicklung die EZB zunehmend unter Handlungsdruck.
Trotzdem zeigt der EUR/USD derzeit Stärke
Dass sich die Aktienmärkte trotz der hohen Corona-Zahlen stabil zeigen und die Aktienkurse ihre erreichten Niveaus halten können, sollte angesichts dieser Aussichten nicht verwundern. Etwas überraschend ist dagegen die Stärke des Euro. Denn wenn die EZB durch noch mehr Anleihekäufe das Angebot an der Gemeinschaftswährung ausweitet, müsste der Preis dafür, also der Wechselkurs, eigentlich sinken. Gegenüber zum Beispiel dem US-Dollar hat der Euro aber jüngst wieder etwas zugelegt.
Zwar ist der EUR/USD nach einem steilen Anstieg am oberen Ende der Seitwärtsrange (gelbes Rechteck) abgeprallt (roter Pfeil), doch wurde dabei der zurückeroberte Aufwärtstrendkanal (dunkelgrün) knapp gehalten. Und inzwischen macht sich der Kurs schon wieder auf, das obere Ende der Handelsspanne zu attackieren. Es ist daher mit weiter steigenden Kursen zu rechnen.
EZB wettert gegen die Euro-Stärke
Kein Wunder, dass sich Spaniens Notenbankchef und EZB-Ratsmitglied de Cos jüngst dafür aussprach, die geldpolitische Unterstützung weiter zu verstärken. Denn er äußerte sich zugleich besorgt über die Kursentwicklung des Euro. „Offensichtlich war und ist das ein Grund zur Sorge“, sagte er. Die EZB verfolge zwar kein Wechselkursziel, die Euro-Kursentwicklung sei aber eine wichtige Variable für die Finanzierungsbedingungen im Euro-Raum.
Und so dürfte auch die drohende Fortsetzung der Aufwärtsbewegung im EUR/USD ein Grund für die EZB sein, im Dezember den Schalter dafür umzulegen, weitere Euro-Milliarden zu drucken. Laut einer heute veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters erwarten übrigens die meisten Experten eine Erhöhung des PEPP getauften Kaufprogramms – im Median um 500 Milliarden Euro.
Auch die US-Notenbank könnte noch einmal nachlegen
Ob dies aber den EUR/USD schwächen wird, darf bezweifelt werden. Denn einerseits laufen einmal eingeschlagene Trends bei Wechselkursen meist relativ lange. Und andererseits rühren auch einige Mitglieder der US-Notenbank öffentlichkeitswirksam die Werbetrommel für weitere geldpolitische Lockerungen.
Der US-Notenbanker Raphael Bostic signalisierte zum Beispiel, dass die Fed auf der Hut sei. Und er sieht die gestern eher mau ausgefallenen Einzelhandelszahlen als mögliches Warnzeichen dafür, dass die steigenden Corona-Infektionen zu einem sinkenden Konsum und somit zu einer Belastung für die US-Wirtschaft werden könnten.
US-Konjunkturdaten geben Anlass zur Sorge
Die Umsätze im Einzelhandel stiegen im Oktober nur noch um 0,2 % im Vergleich zum Vormonat. Und in der Zeitreihe ist seit der starken Erholung vom Mai (+12,3 %) ein klarer Abwärtstrend erkennbar.
Trotz der Aussicht auf einen Coronavirus-Impfstoff spekulieren Investoren daher über eine baldige geldpolitische Lockerung auch der US-Notenbank. Zumal auch die US-Notenbank einen Rückschlag auf dem Weg zum Inflationsziel hinnehmen musste. Bereits Donnerstag vergangener Woche wurde bekannt, dass die Verbraucherpreise in den USA im Oktober stagnierten (+-0,0% im Vergleich zum Vormonat). Die jährliche Inflation gab dadurch auf 1,2 % nach, von 1,4 % im September, und die Kernrate ging von 1,7 % auf 1,6 % zurück.
Die Federal Reserve (Fed) hat also durchaus Gründe, auch noch einmal nachzulegen. Auch weil alle Appelle der Notenbank an die Politik, ein neues Hilfspaket auf den Weg zu bringen, bislang nicht gefruchtet haben. Ein solches Konjunkturpaket wird wohl erst nach Vereidigung des zukünftigen US-Präsidenten im Januar verabschiedet werden. Und eine breit angelegte Impfkampagne dürfte erst im 2. Quartal 2021 richtig anlaufen. Bis dahin hat die Wirtschaft noch eine längere Durstrecke zu überstehen. Und so könnte sich auch die Fed genötigt sehen, der Wirtschaft mit einer Geldspritze eine Brücke zu bauen.
Fazit
Der Euro wird zwar durch die Aussicht auf weitere Anleihekäufe der EZB belastet, zeitgleich nehmen aber die Spekulationen über neue Maßnahmen der Fed und somit gegen den US-Dollar zu. Daher läuft der EUR/USD derzeit übergeordnet seitwärts, kurzfristig sogar aufwärts. Und diese Aufwärtsbewegung könnte sich sogar fortsetzen. Die Aktienmärkte sind derweil durch die Aussichten auf weitere Notenbankliquidität gestützt. Und gegen diese Trends sollte man sich aktuell besser nicht stellen. EUR/USD sowie insbesondere Aktien long und nicht short, lautet daher derzeit die Devise.
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Ihr
Sven Weisenhaus
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