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US-Indizes lassen Bärenträume platzen
Ausgabe vom 04.02.2020
US-Indizes lassen Bärenträume platzen
von Sven Weisenhaus
Die Unsicherheit an den Börsen ist aktuell wieder einmal extrem hoch. Gehen die Aktienmärkte in eine Korrektur, findet lediglich eine Konsolidierung auf hohem Niveau statt oder setzen sich die Aufwärtstrends nach den kurzen Rücksetzern bereits wieder fort? Diese Frage lässt sich schon deshalb kaum beantworten, weil allein aus charttechnischer Sicht von den Aktienindizes höchst unterschiedliche Signale kommen. Aber auch fundamental gibt es positive und negative Nachrichten. Beginnen wir aber mit der Charttechnik:
Nasdaq 100 bricht aus Wimpel aus
Der Nasdaq 100 zum Beispiel hat heute ein neues Allzeithoch erreicht. Viele Bärenträume dürften damit geplatzt sein. Allerdings hatten sich steigende Kurse zuvor bereits angedeutet. Denn bis gestern konsolidierte der Technologieindex lediglich auf hohem Niveau seitwärts. Und dabei bildete sich eine wimpelartige Formation aus (siehe dicke Linien im folgenden Chart), die trendbestätigend war und somit auf bald wieder steigende Kurse hindeutete.
Und heute folgte dann ein überraschend starker Ausbruch aus dieser Formation (grüne Ellipse), der direkt bis auf ein neues Allzeithoch führte. Von klar bearishen Signalen und einer deutlichen Schwäche der Bullen bzw. Stärke der Bären ist hier also noch weit und breit nichts zu sehen.
S&P 500 bricht aus Bull-Keil aus
Im S&P 500 konnte man bis gestern schon eher korrektive Tendenzen feststellen, weil hier immerhin ein tieferes Tief erreicht wurde (siehe folgender Chart). Doch einerseits wurde dieses an einer markanten horizontalen Unterstützung gebildet und andererseits zeichnete sich ein Bull-Keil ab (dicke Abwärtslinien), der in diesem Fall auch trendbestätigend war.
Entsprechend sind die heutigen Kursgewinne auch hier die charttechnisch logische Konsequenz.
Dow Jones präsentiert sich etwas schwächer
Im Dow Jones (siehe folgender Chart) waren die Bären noch etwas erfolgreicher. Denn hier bildete sich nicht nur ein tieferes Tief, sondern die Kurse durchbrachen dabei auch noch die erste horizontale Unterstützung. Es roch deutlich stärker nach einer Korrektur. Doch an der nächsten markanten Haltelinie endete auch hier die Abwärtstendenz, die im Dow Jones ebenfalls einen Bull-Keil ausbildete, aus dem die Kurse heute idealtypisch nach oben ausbrechen konnten.
Insgesamt müssen die Bären jetzt quasi völlig neu anfangen und deutlich mehr leisten, um die Bullen in die Knie zu zwingen und die Chance zu erhalten, sich nachhaltiger durchzusetzen.
Auch fundamental ist noch nichts entschieden
Auch aus fundamentaler Sicht ist längst nicht alles klar. Die Märkte in den USA sind nach wie vor klar überbewertet – eine Korrektur daher zu erwarten. Doch solche Phasen können genauso lange anhalten, wie charttechnische Übertreibungen. Und in den Medien wird zwar weiterhin hauptsächlich der Coronavirus thematisiert und für Kursbewegungen verantwortlich gemacht – egal ob steigend oder fallend – doch zeichnet sich immer klarer ab, dass die Pandemie aktuell kaum eine Belastung für die Aktienindizes ist. Diese zeigen schließlich plötzlich wieder Stärke (siehe Charts oben), obwohl sich der Virus zumindest in China weiterhin exponentiell ausbreitet (siehe folgende Grafik).
(Quelle: gisanddata.maps.arcgis.com)
Am Montag war die Gesamtzahl der an den Folgen des Coronavirus gestorbenen Personen in China auf 425 gestiegen - 64 mehr als am Vortag. Und die Zahl der in China bestätigten Infektionen kletterte gestern um 3.235 auf 20.438. Das sind eigentlich keine Gründe für steigende Aktienkurse.
Chinas Zentralbank greift ein
Doch den Aktienmärkten half sicherlich auch, dass Chinas Zentralbank der in Teilen des Landes stillgelegten heimischen Wirtschaft unter die Arme gegriffen hat. Am ersten Handelstag nach den verlängerten Neujahrsfeiertagen senkte die People's Bank of China ihren Satz für Reverse-Repo-Transaktionen mit einer Laufzeit von sieben Tagen von 2,5 % auf 2,4 %. Zudem wurden über sogenannte Repo-Geschäfte 1,2 Billionen Yuan (ca. 174 Milliarden Dollar) in das Bankensystem gepumpt. Und für heute wurde eine weitere Finanzspritze in Höhe von 500 Milliarden Yuan (rund 70 Milliarden Dollar) angekündigt.
Ziel dieser Maßnahmen sei es, das Bankensystem mit ausreichend Geld zu versorgen und den Devisenmarkt stabil zu halten. Und um die Aktienmärkte zu stützen, wurde gegen Leerverkäufe vorgegangen. Die chinesische Börsenaufsicht CSRC habe Börsenmaklern mündlich aufgetragen, ihren Kunden entsprechende Geschäfte zu verweigern, sagten drei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.
Wie nachhaltig sind die Entwicklungen?
Man darf sich allerdings fragen, wie nachhaltig solche Maßnahmen sind. Denn irgendwann werden die Handelsbeschränkungen sicherlich auch wieder aufgehoben. Und der Nettoeffekt der Liquiditätsspritzen soll viel kleiner sein als die kommunizierten Billionen- und Milliardenzahlen. Denn am Montag liefen auch kurzfristige Finanzierungen aus, so dass die chinesische Zentralbank laut Berechnung von Bloomberg unter dem Strich nur rund 150 Milliarden Yuan (etwa 20 Milliarden Euro) zusätzlich zur Verfügung gestellt hat.
Bereitet Trump die nächsten Zölle vor?
Und es gibt weitere Informationen, die sehr skeptisch stimmen sollten. So hat das US-Handelsministerium eine neue Verordnung zur Einführung von Antisubventionszöllen erlassen. Dazu erklärte das Ministerium heute, einzelne Produkte aus Ländern, die ihre Währungen gegenüber dem Dollar unterbewerten, könnten zukünftig mit Ausgleichszöllen überzogen werden.
Das grundsätzliche Problem daran ist, dass es keine weltweit akzeptierte offizielle Methode gibt, die Unterbewertung einer Währung bzw. die Gründe dafür festzustellen. Die Verordnung dürfte daher kaum mit den Grundlagen der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar sein. Doch ob dies die US-Regierung davon abhalten wird, von der neuen Regelung Gebrauch zu machen, darf bezweifelt werden. Und weil es eben keine eindeutige Methode gibt, können die USA nun quasi jedes Land mit Zöllen bestrafen, dessen Währung gegenüber dem Dollar abwertet.
Der Yuan wertet gegenüber dem Dollar aktuell wieder ab
Kritisch muss man aktuell daher auch sehen, dass die chinesische Währung aufgrund der Corona-Epidemie derzeit wieder gegenüber dem Dollar abgewertet hat. Nur wenige Wochen nach der Unterzeichnung des ersten Teilabkommens der beiden größten Volkswirtschaften der Welt erlaubt es die neue Verordnung dem Handelsministerium, China Zölle aufzuerlegen, obwohl das US-Finanzministerium als Teil des Handelsabkommens entschieden hat, China nicht weiter als Währungsmanipulator zu bezeichnen.
Fazit
Die Lage an den Finanzmärkten ist zurzeit höchst unübersichtlich. Es herrscht ein wildes Hin und Her. Positive und negative Nachrichten wechseln sich ab, ebenso wie bullishe und bearishe Signale. Dabei zeigte sich die Kursentwicklung der US-Indizes jüngst wesentlich stabiler, als man es mit Blick nur auf die Berichterstattung derzeit erwarten könnte.
Besonders Technologieaktien zeigen sich dabei extrem stark und halten damit die Aktienmärkte oben. Aber gerade dieser Sektor ist es auch, der massiv überbewertet sowie charttechnisch überkauft ist und mit einigen Kursentwicklungen sogar an eine Technologieblase 2.0 erinnert (Stichwort: Tesla). Eine größere Korrektur ist damit weiterhin fällig.
Doch vielleicht findet diese lediglich als ausgedehnte Konsolidierung auf hohem Niveau statt, so dass scharfe Kursverluste vermieden werden könnten – auch dank der Notenbanken. Aber das muss abgewartet werden. Jedenfalls bleibt erhöhte Vorsicht geboten!
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Ihr
Sven Weisenhaus
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